Lebensmittelproduktion in Sachsen Lebensmittelproduktion in Sachsen: Zwieback für alle Tage

Neukirch/dpa. - Da oft auchdie Ernährung daran Anteil hatte, entwickelte Hultsch das Rezept fürein zweimal gebackenes Weißgebäck. Ab 1900 produzierte er esindustriell. Als «Hultsch-Zwieback für dich und dein Kind» gepriesen,fand er Käufer in ganz Deutschland. Sogar die Passagiere an Bord desLuftschiffes «Grad Zeppelin» bekamen die Dauerbackware aus Neukirch1929 auf ihrer zwölftägigen Weltrundfahrt angeboten.
Nach wie vor wird der Zwieback aus der Oberlausitz am altenStandort mitten im Ort produziert, inzwischen unter dem Dach der WHGWeißenfelser Handelsgesellschaft mbh. Das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt ist sowohl bei der Neukircher Zwieback GmbH als auch bei derGutena Nahrungsmittel GmbH im thüringischen Apolda 100-prozentigerGesellschafter. 1992 hat das Unternehmen die beiden traditionsreichenFirmen von der Treuhand erworben, berichtet der geschäftsführendeGesellschafter Michael Heinemann. «Wir wussten, dass die Produkte gutsind.» Gutena stellt seit 1956 Filinchen her, ein im Waffeleisengebackenes Knusperbrot. «Es ist noch bekannter als der Zwieback ausNeukirch», räumt Heinemann ein.
Der Absatz brach 1990 zunächst zusammen. Inzwischen sei WHG mitbeiden Marken flächendeckend im Osten vertreten, berichtet derFirmenchef. Auf 7 bis 15 Prozent Marktanteil hat es das Unternehmenbereits im Westen gebracht. «Es dauert Jahre, bis Produkte bekanntwerden.» Bei vier Handelsketten sei die WHG mit ihren Markengelistet. Das Unternehmen setzt auf Trends bei gesunder Ernährung undleichter Kost. «Es gibt zunehmend Forderungen aus dem Einzelhandel,Bio-Produkte auf dem Markt zu bringen», sagt Heinemann. Seit 2006 istDinkel-Filinchen als Bio-Ware im Handel. Eine ökologische Variantedes Zwiebacks aus Neukirch folgte im Vorjahr.
Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrieproduzierten 2007 deutschlandweit 18 Hersteller Zwieback und ähnlicheErzeugnisse wie geröstetes Brot. Beim Verbrauch haben sichGewohnheiten wohl über die Jahre verändert. «Früher haben die Leutenur nach Zwieback gegriffen, wenn sie krank waren», stellt Heinemannfest. Heute komme die Dauerbackware häufiger auf den Tisch. Das magauch an der längst größeren Auswahl liegen. Die Neukircher Firma etwabietet Mini-Zwieback mit Butter-, Kokos-Kakao- oder Müsli-Nuss-Geschmack an.
«Man muss die Produkte differenziert sehen», urteilt BettinaWegener, Leiterin der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft fürErnährung in Leipzig. Ursprünglich sei Zwieback ein leichtverdauliches Gebäck mit vielen Nährstoffen. Sobald es jedoch mitZucker oder Schokolade angereichert oder mit dicken Belägen verspeistwerde, ändere sich das. Allerdings: «Erlaubt ist, was vertragen wird,solange der Stoffwechsel damit nicht belastet wird», sagt dieExpertin.
Zu DDR-Zeiten waren im Neukircher Zwiebackbetrieb rund 200Mitarbeiter beschäftigt. Heute sind es noch 35. Bei Gutena in Apoldaarbeiten 45 Leute, in Weißenfels zehn. «Wir versuchen gegenwärtig,den Export auszubauen», nennt Michael Heinemann das Ziel der WHG.Zwei bis fünf Prozent derzeit seien noch nicht viel. «Wir liefernschon recht stabil in die Schweiz und bis nach Kanada.» Brot-Crackerder Marke Filinchen etwa seien in dem nordamerikanischen Land sehrbeliebt. Dieses Produkt wird in Neukirch gebacken, woran sich zeigt,dass Synergien zwischen beiden Standorten ganz praktisch genutztwerden.