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Kommunikation Kommunikation: Neues Smartphone rettet Nokia

Von Jakob Schlandt 20.12.2012, 19:53

Berlin/MZ. - Wer tief fällt, kann auch wieder hoch steigen. Nokia ist nur noch ein Schatten seiner selbst, das sagen sogar die nüchternen Analysten von Gartner. Nur noch Ramsch-Handys, mit denen die Finnen wenig Geld verdienen, machen Nokia zur weltweiten Nummer zwei der Handyhersteller. Bei Smartphones, wo der Gewinn pro Gerät teils mehr als hundertmal so hoch ist, ist Nokia abgeschlagen. Der Marktanteil ist innerhalb eines Jahres auf ein Drittel geschrumpft. Samsung ist fünfmal so groß, Apple viermal.

Zuletzt überwogen allerdings die guten Nachrichten. Der Aktienkurs hat sich in den vergangenen Monaten verdreifacht. Grund dafür sind die ganz passablen Verkaufszahlen des Flaggschiff-Handys Lumia 920 (Foto). Obwohl es um die 600 Dollar beziehungsweise Euro kostet, schätzen die Analysten von Liberum Capital, dass es sich rund drei Millionen Mal im dritten Quartal verkaufen wird - mehr als alle anderen Lumia-Modelle zusammen. Zwischenzeitlich überstieg sogar die Nachfrage das Angebot, auch in Deutschland gab es Beschwerden über lange Lieferzeiten.

Das Lumia 920 ist tatsächlich ein ordentliches Gerät. Das neue Smartphone-Betriebssystem von Microsoft, Windows Phone 8, unterscheidet sich deutlich von den beherrschenden Betriebssystemen iOS (Apple) und Android (Google). Der Startbildschirm besteht aus beweglichen Kacheln, die zum Beispiel wechselnde Fotos anzeigen können oder die neuesten Nachrichten einspielen. Nokia hat hart gearbeitet und setzt erstmals seit Jahren wieder Trends: Das Lumia 920 kann ohne Kabel geladen werden, der Bildschirm ist herausragend, der Prozessor ist schneller als die Hauptkonkurrenten iPhone 5 und das Samsung Galaxy S III.

Dennoch wird Nokia allein mit der neuesten Handy-Generation das in Werbeanzeigen beschworene Comeback nicht gelingen. Der Weg zum Erfolg ist weit. Der Konzern muss mühsam das Vertrauen der Kunden zurückgewinnen. Der Image-Schaden, den das alte, kaum funktionstüchtige Nokia-Betriebssystem Symbian hinterlassen hat, hallt nach. Zweitens kämpft das Windows-Betriebssystem, dem sich Nokia-Chef Stephen Elop auf Gedeih und Verderb ausgeliefert hat, mit dem Problem fehlender Programme. Dass der für viele Smartphone-Nutzer elementare Nachrichtendienst WhatsApp erst diese Woche für Windows Phone 8 gestartet ist, illustriert das Dilemma. Nokia, so glauben viele Beobachter, braucht selbst im besten Fall fünf Jahre, um sich zu erholen.

Die Finnen haben womöglich nur deshalb eine Chance, weil die Angst in der Mobilfunkbranche vor einem Duopol mit Apple auf der einen und Samsung / Google auf der anderen Seite stetig wächst. Von den Chipherstellern bis zu den Netzbetreibern werden Nokia und Microsoft die Daumen gedrückt. Die Deutsche Telekom räumte am Donnerstag laut Reuters zum Beispiel ein, dass die Lumia-Verkäufe in ihren Läden nur kostendeckend seien. FOTO: REUTERS