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Kaum Hoffnung für Arcandor-Gläubiger

09.11.2009, 15:04

Essen/dpa. - Beim bislang größten deutschen Insolvenzverfahren können sich die Gläubiger der Karstadt-Muttergesellschaft Arcandor kaum Hoffnung auf eine Rückzahlung ihrer Milliarden-Forderungen machen.

Bei angemeldeten Forderungen in Höhe von rund 15 Milliarden Euro allein für die Obergesellschaft Arcandor AG sei nur mit einer Begleichung «im Promillebereich» zu rechnen, sagte ein Sprecher des Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg am Montag in Essen. Bei einer Forderung von zehn Euro könne ein Gläubiger nur mit einer Rückzahlung zwischen einem und neun Cent rechnen.

Bei insgesamt 37 Insolvenzverfahren für die Obergesellschaft Arcandor und ihre Töchter, darunter Karstadt und Quelle, haben bis zu 40 000 Gläubiger insgesamt Forderungen von über 19 Milliarden Euro angemeldet.

Mit Abstand wichtigster Gläubiger der Obergesellschaft Arcandor sei das Finanzamt, hieß es. Von 851 angemeldeten Gläubigern der Obergesellschaft waren am Montag zu der Versammlung in der riesigen Essener Grugahalle jedoch nur 64 erschienen. Ein dauerhafter Erhalt der Gesellschaft, die nur noch deutlich weniger als 100 Mitarbeiter beschäftigt, sei nicht erforderlich, stellte der Insolvenzverwalter fest.

Die Abwicklung des komplizierten Falls stelle alle bisherigen Insolvenzverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik in den Schatten, berichtete ein Sprecher des Essener Amtsgerichts am Montag. Vier Amtsrichter und sechs Rechtspfleger seien mit den insgesamt 37 Verfahren (darunter Karstadt und Quelle) beschäftigt. Insgesamt wird mit einer Verfahrensdauer von bis zu zehn Jahren gerechnet. Die Holding Arcandor und ihre wichtigsten Töchter hatten am 9. Juni Insolvenz angemeldet.

Höhepunkt der Woche dürfte am Dienstag die Karstadt- Gläubigerversammlung werden, bei der es um das weitere Schicksal von 126 Waren- und Sporthäusern sowie von 28 000 Beschäftigten geht. Bei dieser Veranstaltung haben 33 500 Gläubiger Forderungen von 2,6 Milliarden Euro zu Protokoll gegeben. In der Essener Grugahalle wird mit einem deutlich stärkeren Andrang von Gläubigern gerechnet, zu denen auch die Karstadt-Beschäftigten gehören. Die Karstadt-Gläubiger können auf eine geringfügig höhere Rückzahlung ihrer Forderungen in Höhe von etwa einem Prozent hoffen.

Erst am vergangenen Wochenende hatte sich die Karstadt- Beschäftigten mit dem Insolvenzverwalter auf einen Sanierungsbeitrag der Belegschaft in Höhe von 150 Millionen Euro für einen Zeitraum von drei Jahren geeinigt. Die eingesparten Summen bei Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie bei tariflichen Sonderzahlungen sollen zunächst auf ein Treuhandkonto fließen. Insolvenzverwalter Görg fordert auch Sanierungsbeiträge von anderen Beteiligten, wie den Vermietern, Dienstleistern und Lieferanten des Warenhausunternehmens. Sein Ziel ist es, mit Hilfe eines Sanierungsplans einen Investor für den Erhalt des Warenhausunternehmens als Ganzes zu finden.

Dabei können sich viele Karstadt-Beschäftigte Hoffnung auf einen Erhalt ihres Arbeitsplatzes machen. Nach einem Bericht des «Handelsblatts» (Montag) kommt die Sanierung des insolventen Warenhausunternehmens besser voran als erwartet. Insolvenzverwalter Görg werde der Gläubigerversammlung im operativen Geschäft schwarze Zahlen präsentieren, hieß es. Vor allem der Oktober sei sehr gut gelaufen.

Am Mittwoch steht dann die Versandhandelsgesellschaft Quelle auf dem Programm. Etwa 8000 Quelle-Gläubiger haben Forderungen von rund 1,7 Milliarden Euro angemeldet. Der Insolvenzverwalter hatte den Erhalt von Quelle bereits vor mehr als zwei Wochen für gescheitert erklärt. Ein Investor für das Traditionsunternehmen hatte sich nicht gefunden.

Bitter für die Beschäftigten: Rund 2000 der etwa 6000 verbliebenen Quelle-Mitarbeiter mussten bereits gehen. Derzeit läuft der Ausverkauf von Quelle. Das Ende des Versandhändlers ist besiegelt. Die Hamburger Otto-Gruppe hat sich inzwischen die Rechte an der Marke «Quelle» gesichert und auch das exklusive Recht erworben, die rund acht Millionen Kunden einmalig auf dem Postweg anzuschreiben.

Im Lauf des Novembers finden in Essen noch 34 weitere Gläubigerversammlungen von Arcandor-Gesellschaften statt, deren Insolvenzverfahren von Görg abgewickelt werden. Veranstaltungsorte sind dabei Räume des Essener Amtsgerichts oder auch die Kantine der Arcandor-Hauptverwaltung. Insgesamt wurden bundesweit bei mehreren Gerichten mehr als 50 Insolvenzverfahren für Arcandor-Gesellschaften eröffnet.