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Handwerk Handwerk: Europas kleinste Porzellanmanufaktur steht in Wernigerode

Von Sabrina Gorges 30.01.2004, 07:19
Das Künstlerehepaar Heidi und Jürgen Hütter begutachtet in seiner Werkstatt der kleinsten Porzellanmanufaktur Europas in Wernigerode eine künstlerische Vase aus Porzellan. (Foto: dpa)
Das Künstlerehepaar Heidi und Jürgen Hütter begutachtet in seiner Werkstatt der kleinsten Porzellanmanufaktur Europas in Wernigerode eine künstlerische Vase aus Porzellan. (Foto: dpa) dpa

Wernigerode/dpa. - «Wir arbeiten wie im 18. Jahrhundert», erzählt Jürgen Hütter, eingebürtiger Wernigeröder. Die niedrigen Räume in dem Fachwerkhauswerden von einem riesigen Brennofen dominiert. Am Anfang einer jedenTasse, Vase oder Figur steht eine Gipsform. «Die flüssige Rohmassekommt mit der Form mindestens zwei Mal in den Ofen», erklärt der 55-Jährige. «Zuerst wird die Form bei rund 900 Grad verglüht und dannzwölf Stunden bei etwa 1400 Grad gebrannt.» Ziert eine Bemalung dasProdukt, sind weitere Brennschritte im Ofen nötig.

«Das Material muss strahlend weiß, durchscheinend und wasserdichtsein», betont die 54-Jährige. «Reines Weiß ist die Hohe Schule derPorzellankunst.» Die beiden Diplom-Designer verbindet nach eigenerAussage eine Art «Hassliebe» mit dem Material. «Bei uns hat immer dasPorzellan das letzte Wort. Wir machen manchmal den Ofen auf, und unsschaut ein völlig anderes Produkt an.» Deshalb stand in den erstenJahren ihrer Tätigkeit auch immer die Mülltonne neben dem Brennofen.

«Wir stellen sowohl verspielte als auch sehr funktionale Sachen alsUnikate oder in Kleinstserie her», erzählen die Hütters. Arbeiten aufBestellung sind ihnen zu risikoreich und oft auch nicht umsetzbar.«Einen einzelnen Deckel zu einer Kaffeekanne beispielsweise könnenwir nicht produzieren. Dazu müssten wir von Kanne und Deckel eineGipsform herstellen.» Kostenpunkt: Rund 2500 Euro.

Der Arbeitsaufwand ist hoch. «Dem Kunden fehlt das Wissen unddeshalb schreckt viele der Preis ab», sagt Heidi Hütter mit etwasWehmut in der Stimme. Oftmals erkundigen sich Interessenten nach der«Marke» des Porzellans. «Meist antworten wir: Echtes Porzellan istautomatisch Marke.»

Jeder der beiden kann alles machen. «Es würde nicht funktionieren,wenn wir uns nicht ergänzen können», sagt Heidi Hütter, die vor ihremDesign-Studium auf Burg Giebichenstein bei Halle Gärtnerin gelernthat. «Meine Liebe zu Blumenmustern kann ich immer noch ausleben»,sagt die gebürtige Erfurterin. Auch ihr Mann hat sein Handwerk «aufder Burg» gelernt und neben dem Porzellan ist die Malerei seine großeLeidenschaft.

Im nur wenige Gehminuten entfernten Geschäft der Hütters auf demWernigeröder Markt werden die fertigen Porzellan-Kunstwerke zum Kaufangeboten. «Etwa 99 Prozent unserer Kunden sind Touristen. Der Restsind Stammkunden aus der Region.»