Guido Westerwelle Guido Westerwelle: Parteichef führte die Liberalen in ein Hoch

Berlin/dpa. - heutige Umfragen sehen die FDP vor der Bundestagswahl zwischen 9 und 12 Prozent. Und die Parteibasis ist durch den neuen Vorsitzenden, der besonders bei der Jugend ankommt, motiviert und mobilisiert. An der Rückkehr der FDP in die Bundesregierung nach vierjähriger Pause wird in der Partei nicht gezweifelt - alle Umfragen sprechen für eine neue CDU/CSU/FDP- Koalition.
Westerwelle gilt als politisches Talent mit großer rhetorischer Begabung und viel Spaß an publicityträchtigen Auftritten. Vorwürfe, er betreibe nur «Spaß-Politik», weist er entschieden zurück. Die FDP verfolge ernsthafte Ziele, versichert er immer wieder, der Weg dahin dürfe aber fröhlich sein. Der Sohn eines Rechtsanwalts, selbstpromovierte Jurist, hat seine Parteikarriere gezielt gesteuert. Nachdem Abitur war er 1980 Mitbegründer der Jungen Liberalen (Julis),einem Kontrastverband gegen die nach links abgedriftetenJungdemokraten. Unter seinem Vorsitz (1983 bis 1988) wuchs die Juli-Mitgliederzahl von 2000 auf 6000.
In den folgenden Jahren rückte Westerwelle in den Bundesvorstandder FDP auf und wurde Bonner FDP-Kreisvorsitzender. AlsGeneralsekretär Werner Hoyer nach schweren Wahlniederlagen 1984zurücktrat wurde Westerwelle, der inzwischen als fähiger Machergalt, sein Nachfolger. Ein halbes Jahr später, als Wolfgang GerhardtParteichef Klaus Kinkel ablöste, bestätigte der Parteitag denGeneralsekretär. Als sich auch unter Gerhardt die Wahlniederlagenfortsetzten, wurde Westerwelle schon bald als möglicher neuerParteichef gehandelt. Vor allem der Gerhardt-Gegner Jürgen Möllemann,FDP-Chef in NRW, drängte auf einen solchen Wechsel.
Westerwelle blieb aber loyal, bis er sich Ende 2000 mit Gerhardtauf die neue Rollenverteilung einigte - dieser blieb Fraktionschef.Am 4. Mai 2001 wurde Westerwelle dann mit großer Mehrheit zumParteichef gewählt. Die Forderungen von Möllemann, für dieBundestagswahl das Wahlziel 18 Prozent auszurufen und einen eigenenKanzlerkandidaten zu küren, lehnte Westerwelle zunächst ab: «Damitwird Mut zum Übermut.» Später übernahm er dann doch beideForderungen, zumal seine Generalsekretärin Cornelia Pieper alsMinisterpräsidentin-Kandidatin in Sachsen-Anhalt großen Erfolg hatte.
Der Aufwärtstrend bei den jüngsten Landtagswahlen (Hamburg 5,1Prozent, Berlin 9,9 Prozent und in Sachsen-Anhalt 13,3Prozent) steigerte mächtig das Selbstbewusstsein der Freidemokratenund das Ansehen von Westerwelle. Eine Delle erlitt sein Image aber imMai während der Antisemitismus-Debatte um Möllemann.Auch Parteifreunde warfen Westerwelle vor, er habe in derkrisenhaften Auseinandersetzung mit Möllemann nicht genug Stärkegezeigt und zu spät agiert. Möllemann ist der Vorsitzende desmitgliederstärksten FDP-Verbandes und könnte ihm - wie schon seinenVorgängern - gefährlich werden.
Doch dies scheint inzwischen vergessen: in bester Laune tourtWesterwelle derzeit mit seinem blau-gelben Wahlkampfgefährt«Guidomobil» durch die Lande. In insgesamt 80 Orten will er Stationmachen und täglich bei mehreren Veranstaltungen und Aktionen denBürgern die 82-seitige FDP-Wahlkampfbotschaft in ihrer Kurzformelnahe bringen: «Mehr Netto. Mehr Bildung. Mehr Arbeit.»