Gewaltsamer Tod von zwei Kindern Gewaltsamer Tod von zwei Kindern: Massive Kritik am Jugendamt vor Gericht

Erfurt - Im Prozess um den gewaltsamen Tod von zwei kleinen Kindern in Altenfeld (Ilm-Kreis) hat sich das Landgericht Erfurt mit dem Verhalten des Jugendamts in dem Fall befasst.
Wie die Richter äußerten am Dienstag auch andere Prozessbeteiligte ihr Unverständnis darüber, dass das Jugendamt die später getöteten Kinder nicht in Obhut genommen hatte. Der angeklagte 28-jährige Familienvater hat bereits gestanden, seine beiden elf Monate und vier Jahre alten Söhne im vergangenen Juni erstochen zu haben. Der Mann soll auch auf seinen dreijährigen Sohn eingestochen haben. Dieser überlebte schwer verletzt.
Der Mann soll zwei Tage vor der Tat seine Ehefrau so schwer misshandelt haben, dass sie ins Krankenhaus musste. Die Kinder waren nach dem Übergriff trotzdem bei ihrem Vater geblieben – obwohl das Jugendamt schon in den Wochen zuvor Kenntnis davon hatte, dass der Mann seine Frau schlägt. Das bestätigte eine Mitarbeiterin des Jugendamtes auch in ihrer Aussage vor Gericht.
Nach Misshandlungen: Warum kamen Kinder nicht in Obhut der Mutter?
Die Sozialarbeiterin erklärte, die Kinder seien nach Misshandlung ihrer Mutter nicht sofort in Obhut genommen worden, weil der Bereitschaftsdienst des Jugendamtes ihr die Information übermittelt habe, die Eltern seien mit diesem Schritt nicht einverstanden.
Auf Nachfrage des Gerichts, ob sie nicht erwogen habe, dass die Mutter infolge des Übergriffs nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte gewesen sei, erklärte die Sozialarbeiterin, sie habe über diese Möglichkeit nachgedacht. Am Tag zwischen dem Übergriff des Mannes auf seine Frau und dem Tod der beiden Kinder habe sie jedoch keinen Kontakt zu der Frau gesucht. Sie sei davon ausgegangen, dass sie nun erst einmal im Krankenhaus behandelt werde, sagte die Zeugin in ihrer fast eineinhalb Stunden dauernden Vernehmung durch das Gericht, den Staatsanwalt, die Nebenklage-Vertreter und einen psychiatrischen Gutachter.
Das Jugendamt des Ilm-Kreises hatte die Familie seit Anfang 2017 betreut. Die als Zeugin geladene Mitarbeiterin war nach eigenen Angaben die zuständige Mitarbeiterin des Amtes für die Familie.
In ihrer Befragung gab sie auch an, die Hebamme der Familie habe ihre Kompetenzen überschritten, weil sie kurz vor dem tödlichen Geschehen zu einem unangekündigten Besuch zum Haus der Familie gefahren sei. Darüber sei sie „wütend“ gewesen, sagte die Mitarbeiterin. Auf Nachfrage einer Richterin räumte sie ein, das Jugendamt habe sich dann aber auf Angaben der Hebamme zu dem Hausbesuch verlassen, ohne sich noch mal ein eigenes Bild zu machen.
Der Prozess soll an diesem Donnerstag fortgesetzt werden. (dpa)