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Getränke Getränke: Oetker wird deutscher Bierkönig

13.02.2004, 07:23
Ein Mitarbeiter des Getränkekonzerns Brau und Brunnen prüft an einer Abfüllanlage in Dortmund eine Flasche «Jever». (Foto: dpa)
Ein Mitarbeiter des Getränkekonzerns Brau und Brunnen prüft an einer Abfüllanlage in Dortmund eine Flasche «Jever». (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Frankfurt/Main/Dortmund/dpa. - Der Bielefelder Oetker-Konzern rückt mit der Mehrheitsübernahme der Brau und Brunnen AG in Dortmund an die Spitze der deutschen Bierbauer. Jedes siebte Bier in Deutschland zapft künftig Dr. Oetker. Mehr als 40 Biermarken, darunter Radeberger und Jever, Clausthaler und Tucher sowie DAB und Rostocker, kommen demnächst aus seinem Haus. Der Markenbierabsatz der Oetker-Gruppe werde sich mit Brau und Brunnen auf knapp 15 Millionen Hektoliter im Jahr erhöhen, sagte der Oetker-Generalbevollmächtigte Ulrich Kallmeyer am Freitag in Frankfurt. Das entspreche rund 15 Prozent des Inlandsbiermarktes. Oetker gehörte bereits die Radeberger Gruppe mit dem gleichnamigen Flaggschiff.

Oetker bietet mit der Übernahme des Dortmunder Getränkekonzerns den ausländischen Braukonzernen die Stirn, die den Biermarkt in Deutschland heftig aufmischen. Gemessen am Gesamtbierausstoß sieht sich der belgische Interbrew-Konzern in Deutschland vorn. Zur Gruppe gehört neben Diebels und Gilde-Hasseröder auch Becks mit einem hohen Exportbieranteil. Interbrew will mit Spaten/Franziskaner die Marke von 15 Millionen in Deutschland gebrauten Hektoliterm pro Jahr überspringen. Carlsberg mischt ebenfalls kräftig mit. Die Dänen gaben im Januar die Übernahme von Holsten bekannt. Mit Holsten sowie Brau und Brunnen bekommen demnächst zwei Branchenriesen neue Eigentümer.

Oetker zahlt für die Übernahme von 61,7 Prozent der Brau-und- Brunnen-Aktien 220 Millionen Euro an die HypoVereinsbank. Den übrigen Aktionären wird ein Übernahmeangebot zum selben Preis von 80 Euro je Aktie vorgelegt, Oetker will mindestens 75 Prozent der Aktien erwerben. Branchenkenner erwarten, dass an den Braustandorten Dortmund und Berlin langfristig über mögliche Zusammenlegungen und Schließungen nachgedacht wird. Der neue Verbund verfügt künftig in beiden Städten über je 2 Brauereien. Auswirkungen auf die insgesamt 6000 Arbeitsplätze gebe es derzeit nicht, unterstrich Kallmeyer.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten forderte Oetker am Freitag auf, seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden und die Übernahme nicht auf dem Rücken der Beschäftigten auszutragen. Brau und Brunnen und Radeberger sollen nach Oetker-Angaben nebeneinander in der Gruppe Platz haben. Die Firmenzentralen Frankfurt und Dortmund blieben bestehen. «Pils passt prima zu Pudding und Pizza», schilderte Kallmeyer die Bandbreite der Produkte des Lebensmittelkonzerns. Dazu gehören künftig eine Reihe von Mineralbrunnen wie Sinziger, Margon und Thüringer Waldquell. Oetker, der bisher nur Selters besaß, wird damit zur Nummer 7 oder 8 im deutschen Wachstumsmarkt Mineralwasser.

Nach der jüngsten Übernahmewelle hat der deutsche Biermarkt nach Expertenmeinung die «wesentliche Konsolidierungsphase» hinter sich. «Es war nur eine Frage der Zeit, wann die strukturelle Anpassung erfolgt», sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Peter Hahn, am Donnerstag in einem dpa-Gespräch in Bonn. Allerdings werde es weitere Veränderungen auf dem Markt mit knapp 1300 Brauereien geben.

Die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) sprach von einer bedenklichen Entwicklung. Es sei zweifelhaft, ob Brau und Brunnen tatsächlich langfristig als eigenständige Säule erhalten bleibe, sagte SdK-Sprecher Michael Kunert in Berlin. Das angekündigte Übernahmeangebot von 80 Euro je Aktie sei für den Augenblick sicherlich angemessen.