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Getränke Getränke: Branche kämpft gegen Aus der Alcopops-Party

Von Tim Braune 26.01.2004, 07:12
Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich höhere Steuern auf die so genannten Alcopops. (Foto: dpa)
Eine Mehrheit der Deutschen wünscht sich höhere Steuern auf die so genannten Alcopops. (Foto: dpa) dpa/dpaweb

Stuttgart/dpa. - Im Kampf um die Zukunft ihres umstrittenenVerkaufsschlagers Alcopops predigt die Spirituosen-Industrie nunWasser statt Wein: Um die von der Bundesregierung angedrohteSondersteuer auf die Alkohol-Mix-Getränke (Ready-to-Drinks) zuverhindern, haben führende Spirituosen-Abfüller seit Jahresanfangihre Werbung entschärft. Bacardi druckt auf Plakaten und in Anzeigender Umsatzknüller «Rigo» und «Breezer» neuerdings einen deutlichen Altershinweis (ab 18 Jahren). Auch der Schnapsriese Diageo («SmirnoffIce») zieht bei der Aktion mit.

Damit beweise Bacardi freiwillig sein Verantwortungsbewusstsein,um den Alkohol-Missbrauch von Jugendlichen zu unterbinden, verkündetdas Unternehmen. Noch vor ein paar Monaten waren ganz andere Töne vomRum-König zu vernehmen gewesen. Damals sagte der Vorstandschef desMutterkonzerns, Angel Torres, die Rum-Limetten-Soda-Mixe sollten ganzgezielt die MTV-Generation an die Weltmarke binden.

Ob die Defensivstrategie eine Sondersteuer und damit denerwarteten Absturz der Alcopops noch aufhalten kann, ist fraglich.Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD),will sich nicht mehr umstimmen lassen. «Ich bin für eine klareVerteuerung», sagte die Politikerin jüngst dem «Spiegel». DasBeispiel Frankreich zeige, dass eine Strafabgabe wirkt: Dort brachder Markt für Alcopops seit 1997 fast völlig ein.

Der Hauptverband des deutschen Einzelhandels (HDE) hält einEinschreiten des Staates für überzogen. Statt einer Sondersteuersolle vielmehr härter kontrolliert werden, dass in den Läden derJugendschutz eingehalten werde. Argumentativ im Vorteil sind aberFamilienministerin Renate Schmidt (SPD) und Caspers-Merk.

Denn eine kürzlich vorgelegte Studie der Bundeszentrale fürgesundheitliche Aufklärung in Köln ist alarmierend. Danach sind dieAlcopops bei Minderjährigen der absolute Renner, mit klarem Abstandvor Bier, Wein, Sekt und harten Schnäpsen. Die Experten warnen, durchden süßen Geschmack werde der Alkoholgehalt überdeckt. Die Alcopopsseien damit ein «verführerischer und gefährlicher Einstieg in denAlkoholkonsum».

Aus Angst vor der Steuerkeule rudert die Branche mit aller Kraftzurück. Bei Kino-Spots wollen einige Anbieter völlige Abstinenz üben.Flimmert dennoch irgendwo das pralle Leben mit den kleinen Mixpullenüber den Bildschirm, seien die Models mindestens 25 Jahre alt,versichert Diageo. Keinesfalls dürfe der Eindrucke entstehe, hierwerde ein Szene-Getränk für Schülerpartys angepriesen.

Die hektischen Versuche der Spirituosenhersteller werdendurchschaubar, weil es um viel Geld geht. Die Mix-Getränke, von denen2003 über 200 Millionen Flaschen abgesetzt wurden, sind im hartumkämpften Lebensmittelhandel echte Renditewunder. Die Margen sollennach Branchenschätzungen bis zu 30 Prozent erreichen. Kaumverwunderlich, dass die Discounter blitzschnell auf den Trendreagiert haben.

Bereits rund 36 Prozent des Ready-to-Drink-Segments reklamierendie Discounter für sich. In den Filialen schleppen Teenager häufigkistenweise die Handelsmarken «Czerwi fresh» und «Whitney» (Aldi),«Zaranoff» (Aldi Nord) oder «Ducanoff» (Rewe) an die Kasse. Auch imMitnahmegeschäft der Tankstellen sind die Alcopops längst die Nummereins. Kauften Teenies früher auf dem Weg zur Party einen SechserpackBier, sind es heute die knallig-bunten Mix-Getränke.