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Erstmals Mindestlohn für Postbranche ausgehandelt

04.09.2007, 14:08

Bonn/Berlin/dpa. - Für die Postbranche ist im Kampf gegen Hungerlöhne erstmals ein Mindestlohn ausgehandelt worden. Er liegt zwischen 8,00 und 9,80 Euro. Darauf einigten sich die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di und der Arbeitgeberverband AGV Postdienste, wie beide Seiten mitteilten.

Der Mindest-Lohntarifvertrag soll für die rund 200 000 Beschäftigten der Postbranche gelten. Die Deutsche Post, die den Markt nach wie vor beherrscht, hatte gemeinsam mit ver.di und auch der SPD den neuen Anbietern pauschal vorgeworfen, sie würden «Dumpinglöhne» zahlen.

Den Tarifvertrag, der ohne Beteiligung der Hauptkonkurrenten der Deutschen Post ausgehandelt wurde, wollen die beiden Parteien unverzüglich dem Bundesarbeitsministerium zur Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit vorlegen. Von Seiten der Post hieß es, es sei grundsätzlich gut, dass es einen Mindestlohn geben werde, der «hoffentlich wirksam Lohndumping verhindern kann». Die Konkurrenten hielten sich mit Reaktionen zurück, verwiesen aber darauf, dass es kein Einvernehmen der gesamten Branche gebe, weil fast alle neuen Anbieter nicht mit einbezogen gewesen seien.

Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) begrüßte die Einigung. Die Bundesregierung werde zeitnah die nächsten Schritte einleiten mit dem Ziel, zum 1. Januar 2008 einen verbindlichen Mindestlohn in der Branche zu haben, sagte Ministeriumssprecher Stefan Giffeler in Berlin. Die Koalition hatte signalisiert, dass eine Tarifvereinbarung über das Entsendegesetz für die gesamte Branche verbindlich werden könnte.

Vereinbart wurden mindestens 9,80 Euro pro Stunde für Briefzusteller im Westen und 9 Euro für Zusteller im Osten. Der Mindestlohn für die Branche Postdienste außer Briefzusteller beträgt 8,40 Euro pro Stunde im Westen und 8 Euro im Osten. Einen bundesweit einheitlichen Mindestlohn soll es ab 2010 geben.

«Dieser Vertrag ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu fairen und sozialen Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten der Postdienstebranche», erklärte Andrea Kocsis vom ver.di- Bundesvorstand. Die Untergrenze von acht Euro stelle sicher, dass die Beschäftigten ihren Lebensunterhalt mit ihrer Arbeit bestreiten könnten und nicht auf ergänzendes Arbeitslosengeld II angewiesen seien.

Der Tarifvertrag schaffe die Voraussetzung für einen fairen Wettbewerb in der Branche und gewährleiste, dass der Wettbewerb «über die besten Produkte und Qualitäten geführt wird und nicht über Lohndumping», sagte der Vorstandsvorsitzende der AGV Postdienste, Wolfhard Bender.

Im AGV Postdienste, mit dem ver.di in kurzer Zeit - Beginn der Verhandlungen war erst vor einigen Tagen - ist vor allem die Deutsche Post repräsentiert. Nicht vertreten sind ihre schärfsten Rivalen auf dem deutschen Briefmarkt wie die Springer-Tochter PIN (etwa 9000 Mitarbeiter) und TNT Post sowie fast alle weiteren kleinen Post-Konkurrenten. Der AGV Postdienste sieht sich als «tariffähig», weil er die vielen Mitarbeiter der Post und Post-Töchter und damit mehr als die Hälfte der Branchenbeschäftigten vertrat. Bei der Post sind rund 160 000 Mitarbeiter im Briefdienst tätig, bei der Konkurrenz insgesamt etwa 40 000.