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Einer gegen alle: Wilders will «Islamisierung» stoppen

Von Thomas P. Spieker 28.03.2008, 21:53

Den Haag/dpa. - Drei Monate lang unterhielt der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders die Medien seines Landes mit der Ankündigung, er werde einen Film über den Koran produzieren.

Wild wurde spekuliert, was der blondgefärbte Chef der Partei für die Freiheit wohl vorhabe. Einig waren sich alle, dass es dem für ungehobelte Sprüche bekannten Politiker vor allem darum gehe, die Muslime bis aufs Blut zu reizen. Die Regierung in Den Haag schlug vorsorglich im In- und Ausland Alarm aus Sorge vor blutigen Protesten.

Doch was der Hobby-Regisseur aus Venlo an der deutschen Grenze schließlich ins Internet stellte, blieb weit hinter den Befürchtungen zurück. Da wird kein Koran verbrannt, wie schon spekuliert wurde, und Wilders nennt den Propheten Mohammed auch nicht, wie schon so oft, einen Barbaren. Die Zeitung «de Volkskrant» konstatierte «Erleichterung» über den «milden» Film.

Unerschütterlich aber hält Wilders in seinem kleinen Streifen an seiner Auffassung fest, dass der Islam keine Religion sei, sondern eine Ideologie zur Eroberung der Weltherrschaft und Unterdrückung aller Andersgläubigen. Er fühlt sich berufen, die westliche Zivilisation vor diesem Untergang zu retten. «Eine letzte Warnung» sei sein Film, sagte er kürzlich. Dass er mit seinen schrillen Tönen nicht nur Extremisten provoziert, sondern eine ganze Bevölkerungsgruppe in die Enge treibt, wie Kritiker ihm vorhalten, nimmt er in Kauf.

Wer wie Ministerpräsident Jan Peter Balkenende und viele andere in der Debatte über den Islam zur Mäßigung und zu Respekt aufruft, der ist für Wilders nur «schlapp» und «feige» oder hat sich sogar schon «auf die Seite der Taliban gestellt». Am Sitz von Parlament und Regierung in Den Haag hat Wilders nicht mehr viele Freunde. Doch das stört den Mann mit der seltsam gekämmten Diva-Frisur kaum. Er genießt die selbst gewählte Rolle als Einzelkämpfer gegen den Weltuntergang, die ihn fast täglich in die Schlagzeilen bringt. Selbst seriöse Medien greifen seine polemischen Kommentare gierig auf und geben ihm Platz für Interviews und Gastbeiträge, obwohl darin seit langem keine neuen Gedanken mehr auftauchen.

Wilders setzt darauf, dass seine einfachen Parolen beim Wähler ankommen. Seine Partei kam bei der letzten Wahl im November 2006 immerhin aus dem Stand auf rund sechs Prozent, derzeit liegt sie in Umfragen bei bis zu zehn Prozent. Der Rat der Muslime, eine von mehreren Muslim-Organisationen in den Niederlanden, beklagte am Freitag, dass Beleidigungen nach Wilders' Art inzwischen salonfähig geworden seien.

In der Tat gibt es Nachahmer: Ehsan Jami, ein völlig unbedeutender Nachwuchspolitiker aus der Provinz, kommt ebenfalls immer wieder in die Schlagzeilen, weil er sich vom muslimischen Glauben abgekehrt hat, dafür verprügelt wurde, und mangelnde Unterstützung durch Staat und Parteien beklagt. Jetzt will auch er einen Film über den Koran machen. Es gibt aber auch Vorgänger: den Regisseur Theo van Gogh, der sich gerne verletzend über Muslime äußerte, einen provozierenden Film über die Unterdrückung der Frau im Islam drehte - und im November 2004 von einem muslimischen Extremisten ermordet wurde.