Ukrainische Flüchtlinge Künftig Asylbewerber-Leistungen für viele Ukrainer
Lange war der Wechsel der Ukraine-Flüchtlinge weg vom Bürgergeld geplant - nun soll der umstrittene Schritt kommen. Druck hin zu einer Jobaufnahme soll es weiter geben.

Berlin - Ukrainische Flüchtlinge, die nach dem 1. April 2025 nach Deutschland gekommen sind, sollen künftig geringere Leistungen so wie Asylbewerber und kein Bürgergeld mehr bekommen. Ein entsprechender Gesetzentwurf lag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor. Zuerst berichtete die „Bild“-Zeitung über die Einigung von Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) und Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD).
Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beträgt etwa der Satz für Alleinstehende 441 Euro im Monat, im Bürgergeld sind es 563 Euro. Insgesamt gleichen sich die Einsparungen an der einen und Mehrausgaben an der anderen Stellen für den Staat aber ungefähr aus, wobei der Bund den Ländern die Mehrkosten erstatten soll.
Die Minderausgaben für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch 2 (Bürgergeld) belaufen sich laut Entwurf 2026 und 2027 auf knapp 1,1 Milliarden Euro. Dazu kommen noch 157 Millionen Euro weniger für Grundsicherung im Alter und Hilfe zum Lebensunterhalt. Mehrausgaben von rund 1,3 Milliarden Euro nach Asylbewerberleistungsrecht stehen dem gegenüber.
Als Ziel nannte die Regierung bereits auf eine Grünen-Anfrage hin, „die Rechtslage vor dem 31. Mai 2022 wiederherzustellen“. Auch im Gesetzentwurf wird nun erläutert: Für Flüchtlinge mit Schutzstatus nach der sogenannten EU-Massenzustrom-Richtlinie galt bereits bis dahin das Asylbewerberleistungsgesetz. Dann griff mit einem Gesetz das Bürgergeld. Nun sollen alle Hilfsbedürftigen vom Wechsel ins Asylbewerber-Gesetz betroffen sein, die erstmals nach dem 1. April 2025 eine Aufenthaltserlaubnis nach der EU-Richtlinie erhalten haben.
Job-Pflicht geplant
Bereits in ihrem Koalitionsvertrag hatten Union und SPD den Schritt verabredet. Verhandelt wurde dem Vernehmen nach noch über die damit verbundenen Arbeitsmarkt-Regelungen: Wer noch keiner Erwerbstätigkeit nachgeht, dies aber könnte, soll verpflichtet werden, sich um einen Job zu bemühen. „So wird die Integration der Geflüchteten aus der Ukraine in Arbeit und in die Aufnahmegesellschaft eingefordert“, heißt es in dem Gesetzentwurf. Praktisch soll dies dem Vernehmen nach so ablaufen, dass sich Betroffene selbst einen Job suchen können - oder Hilfe der Arbeitsagentur erhalten. Auch Sanktionen sollen möglich sein.
Grünes Licht bekommen soll die Neuregelung kommende Woche im Bundeskabinett, wie es in Regierungskreisen hieß.
Die Stichtagsregelung April 2025 soll Bürokatie-Aufwand und rückwirkende Verrechnungen vermeiden. Das gilt auch für eine Übergangslösung für jene mit Leistungsbewilligungen nach dem Stichtag, aber vor Inkrafttreten des Gesetzes: Wer bereits im Bürgergeld ist, bekommt dieses so lange, bis sein Bescheid ausläuft. Für alle jenseits des Stichtags Eingereiste versichert der Entwurf: Der Zugang zu Leistungen nach dem SGB II bleibe bestehen - also zum Bürgergeld.
Skepsis bei Arbeitsagenturen
Als mögliches Motiv für die Änderung gelten auch erhoffte gesteigerte Arbeitsanreize bei geringerer staatlicher Unterstützung. Aus der Arbeitsagentur war jedoch Kritik an den Plänen gekommen. Befürchtet wurden Nachteile bei der Integration: Wenn die Menschen nicht mehr Jobcenter-Kundinnen und -Kunden sind, könnte es mit Sprachkursen, Qualifizierung oder Vermittlung schwieriger werden.
Zuletzt hatten rund 700.000 Ukrainerinnen und Ukrainer Anspruch auf Bürgergeld, darunter rund 200.000 Kinder. An Ukrainer wurden 2024 rund 6,3 Milliarden Euro ausgezahlt. Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bezogen vergangenes Jahr 461.000 Menschen in Deutschland.
Knapp 1,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine
Rund 242.000 Geflüchtete aus der Ukraine waren laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im vierten Quartal 2024 in Arbeit. Innerhalb eines Jahres haben rund 124.000 Betriebe mindestens einen Geflüchteten aus der Ukraine eingestellt. IAB-Forscher Martin Dietz sagte im Oktober, die Rahmenbedingungen zur Integration der Menschen in Arbeit inklusive Beratungs- und Förderleistungen dürften sich nicht verschlechtern. „Ansonsten bestünde die Gefahr, dass die positiven Entwicklungen der letzten Jahre einen Dämpfer bekommen“, so Dietz. Im Oktober lebten rund 1,26 Millionen ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland, ein Jahr zuvor 1,18 Millionen.