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Polizei hatte nicht gefilmt Corona-Demo in Thüringen - Polizei hatte nicht gefilmt: Nur 24 Anzeigen nach Corona-Protest in Hildburghausen

15.01.2021, 07:11
Hildburghausen: Polizisten patroillieren durch die Innenstadt, um das Versammlungsverbot zu überwachen.
Hildburghausen: Polizisten patroillieren durch die Innenstadt, um das Versammlungsverbot zu überwachen. ZB

Hildburghausen/Suhl - Nach dem vielkritisierten Corona-Protest durch die Stadt Hildburghausen Ende November 2020 hat die Thüringer Polizei nur einen kleinen Teil der Teilnehmer identifizieren können. Die Betroffenen seien bei der zuständigen Behörde angezeigt worden, sagte eine Polizeisprecherin der Deutschen Presse-Agentur.

24 Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten nach dem Infektionsschutzgesetz habe die Polizei bisher geschrieben, weitere würden noch abschließend bearbeitet, hieß es. Denjenigen, gegen die sich die Anzeigen richten, wird vorgeworfen, gegen die in der Corona-Pandemie geltenden Infektionsschutzregeln verstoßen zu haben.

Rund 400 Menschen hatten im Corona-Hotspot demonstriert

In Hildburghausen hatten sich am 25. November nach damaligen Angaben der Polizei bis zu 400 Menschen im Umfeld des Marktplatzes versammelt. „Die Polizei stellte zahlreiche Verstöße gegen die geltenden Infektionsschutzregelungen fest“, teilte die Polizei damals mit. „So wurden Mindestabstände nicht gewahrt, Masken nicht getragen und die eigene Wohnung ohne triftigen Grund verlassen.“

Die Beamten hätten teilweise auch Pfefferspray einsetzen müssen. Im dem Landkreis galten damals bereits Ausgangsbeschränkungen. In der Region hatte es im November so viele Corona-Neuinfektionen gegeben wie nirgends sonst in Deutschland. Die Sieben-Tage-Inzidenz war dort schließlich auf einen Wert von jenseits von 600 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb einer Woche gestiegen.

Kaum Anzeigen: Polizei hatte Demo nicht gefilmt

Dass offenkundig nur ein kleiner Teil der Teilnehmer damit rechnen muss, für die damals begangenen Regelverstöße zur Verantwortung gezogen zu werden, begründete die Sprecherin der Polizei unter anderem mit der Rechtslage. Die Verstöße stellten Ordnungswidrigkeiten, keine Straftaten da. Damit seien die Ermittlungsmöglichkeiten der Polizei eingeschränkt.

Es könnten nur Anzeigen gegen Personen geschrieben werden, deren Identitäten von den Beamten vor Ort festgestellt worden seien, sagte die Sprecherin. Weiterführende Auswertungen zum Beispiel von im Internet verfügbaren Videomaterial von den Protesten seien nicht möglich, „weil es hier um Ordnungswidrigkeiten geht“. Die Polizei hatte nach damaligen Angaben die Personalien von mehr als 30 Menschen festgestellt.

Eigene Videos von dem Protestmarsch hat die Polizei nach Angaben der Sprecherin nicht gemacht. Aus Sicht des damaligen Polizeiführers hätten die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen, die Teilnehmer zu filmen. Wegen der angespannten Lage sei es zudem nicht möglich gewesen, noch mehr Identitäten vor Ort festzustellen.

Polizei sah sich nicht in der Lage zu mehr Kontrollen

„Aufgrund der Schnelllebigkeit und der Gefahrensituation, dass die Teilnehmer auf die Bundesstraße gehen, musste die Polizei gefahrenabwehrend tätig werden und konnte aus diesem Grund nicht vollumfänglich Identitäten feststellen“, sagte die Sprecherin.
Die Teilnehmer waren heftig kritisiert worden - unter anderem von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

Die Demonstranten hätten sich in höchstem Maße unsolidarisch vor allem mit denen verhalten, die ein hohes Risiko hätten, an Covid-19 zu sterben, hatte Ramelow damals gesagt. Wer mitten in einer Pandemie ein derartiges Verhalten an den Tag lege, provoziere eine Situation, in der es irgendwann für schwer erkrankte Corona-Infizierte nicht mehr genügend Notfallbetten gebe. (dpa)