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Chefin der Bauaufsicht Chefin der Bauaufsicht: Heldin aus Pflichtgefühl

Von Katrin Bischoff 09.05.2012, 19:37

Königs Wusterhausen/MZ. - Ausgerechnet in jenem schmalen Zimmer des modernisierten Plattenbaus, in dem die 47-jährige Chefin der Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald zwei Tage zuvor noch mit ihrem Landrat und den Flughafenchefs geredet hat. Über Gutachten, die noch fehlen und demnächst unbedingt vorgelegt werden müssten. "Schon da hatte ich kein so gutes Gefühl", sagt Kirsten Globig eher zurückhaltend. Es habe zu viele Unsicherheiten gegeben.

Brandschutz nicht getestet

Daher haben der Landrat und sie bis Dienstag einen Sachverständigenprüfplan von den Flughafenchefs verlangt, in dem detailliert aufgeführt werden sollte, wann welches Gutachten bei ihrer Behörde vorliegen müsse. Auch über die Brandschutzvorrichtungen, die noch immer nicht vor Ort getestet worden sind, weil Software fehlt und die Leitstelle noch nicht so funktioniere, wie sie müsste. Doch tags darauf gab es statt der Unterlagen die mittlerweile weltweit bekannte Pressekonferenz, auf der das Scheitern des Terminplanes verkündet wurde. "Es hat uns dann doch überrascht", sagt Globig.

Seit 2005 begleitet die Bauaufsichtsbehörde den Flughafenneubau in Schönefeld. Weil der Airport nicht von Landes- oder Bundesunternehmen gebaut wird, sondern von einem privaten Unternehmen, ist der Landkreis Dahme-Spreewald und nicht das Land oder der Bund die Behörde, die für die Genehmigung zuständig ist. Der Landkreis erteilte auch die Baugenehmigung für den gesamten Großflughafen. Mit Stempel und Unterschrift - von Kirsten Globig.

Und eigentlich wollte die Chefin der Bauaufsicht demnächst auch die letzte Unterschrift leisten bei diesem Milliardenprojekt: die unter die Betriebserlaubnis für den BER. Mit der hätte dann der erste Flieger starten können. "Das ist ja jetzt erst mal verschoben", sagt Kirsten Globig. Und ja, ein wenig Druck sei schon weg bei ihr und ihren Mitarbeitern.

Warum, das erklärt Landrat Stephan Loge (SPD): "Stellen sie sich vor, man hätte uns am Dienstag den Sachverständigenprüfplan vorgelegt. Und dann hätten wir mangelhafte Gutachten erhalten, und wir hätten zwei Tage vor dem Eröffnungstermin die Reißleine ziehen müssen. Tegel und Schönefeld wären schon zu. Das wäre dann wirklich die Katastrophe gewesen." Dann wäre seine Behörde mit Sicherheit der Buhmann gewesen - trotz nicht vorhandener Schuld.

Als Buhmann fühlt sich Kirsten Globig nicht. Auch nicht als Heldin. "Warum auch?", fragt sie. Alles stehe und falle schließlich mit dem Brandschutz, der von ihrer Behörde überprüft werde. Und wenn da etwas nicht funktioniere, es die erforderlichen Gutachten nicht gebe, die belegen, dass alles funktioniere, dann könne niemand eine Betriebserlaubnis von ihr verlangen. "Sicherheit geht immer vor", sagt sie.

Am 4. April hat der BER nach ihren Angaben einen "Antrag auf Nutzung vor Fertigstellung" bei der Bauaufsicht gestellt. "Das ist absolut typisch", sagt Kirsten Globig. Doch dem Antrag selbst hätten schon prüffähige Gutachten beiliegen müssen. Das sei aber nicht der Fall gewesen. Auch auf Drängen ihrer Behörde, die Gutachten nachzureichen, tat sich nichts.

Sieben Mitarbeiter des Landkreises - alles Ingenieure - haben sich in der Vergangenheit ausschließlich mit dem Airportvorhaben befasst. Ihre Zahl hätte nun, zum Endspurt, auf 30 erhöht werden können. In der Nähe der Großbaustelle wurden extra sechs Container aufgestellt. Sie sind zweigeschossig. Dort lagern die Arbeitsunterlagen von Kirsten Globig und ihrem Team.

Scheune voller Unterlagen

Es sind Akten, die so ein Flughafen mit sich bringt: Baugenehmigungen, Berechnungen, Brandschutzkonzepte, zertifizierte Gutachten. Sie müssen von der Bauaufsicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass für einen Flughafenneubau so viele Unterlagen notwendig sind", erklärt Globig. In Frankfurt am Main habe man damals für diese Unterlagen sogar eine Scheune gemietet.

Eigentlich wollte Kirsten Globig am 3. Juni in der Behörde die Sektkorken knallen lassen. "Klar hätten wir gefeiert", sagt sie. Schon lange hätten ihre Mitarbeiter und sie keinen richtig langen Urlaub mehr nehmen können. Daraus wird jetzt wohl wieder nichts. Wobei sie, sagt Globig, erst einmal sowieso nicht vom neuen Flughafen abheben will. "Ich bin eher der Campertyp."