Bombardier-Standort Vetschau Bombardier-Standort Vetschau: «Die Gallier siegen schon wieder»
Vetschau/dpa. - «Die Gallier siegen schon wieder.» In roterSchrift haben die Vetschauer in der Betriebsversammlung ihren Triumphauf eine Tafel gemalt. Am Dienstagabend sicherte Bombardier zu, dassüdbrandenburgische Werk mit den 111 Mitarbeitern bis zu einem Verkauf und längstens bis 2006 zu erhalten. Zunächst sollte das Werkin das nordrhein-westfälische Siegen verlagert werden, wogegen dieVetschauer seit Wochen lautstark protestierten. Sie verglichen sichdabei mit dem gallische Dorf von Asterix und Obelix, die ebenfallseinem ungleich stärkeren Gegner gegenüber standen.
Der Cottbuser IG-Metallchef Willi Eisele wertet die Zusicherungdes Schienenfahrzeugherstellers allerdings nur als Etappensieg. «Wirhaben noch nicht gewonnen. Gefeiert wird am 15. Mai», gibt er sichzurückhaltend. Bis zu diesem Stichtag soll das Werk verkauft sein.Bombardier stehe jetzt in der Pflicht, «die Braut hübsch zu machen»und beispielsweise lange fällige Investitionen zu tätigen. Dann werde«ganz sicher» ein Käufer gefunden, der den Standort vielleicht sogarausbaue. Laut Gewerkschaft hat Bundeskanzler Gerhard Schröder Hilfezugesagt. Er hatte sich schon für das Bombardier-Werk in Halle-Ammendorf stark gemacht.
Für den Traditionsbetrieb wäre es der dritte Verkauf nach derWende. Schon 1999 wollte Bombardier das Werk eigentlich in dassächsische Görlitz verlagern, wovon der Konzern dann aber auch vordem Hintergrund damaliger Proteste abrückte. Auch am Dienstag wurdelaut Gewerkschaft wieder klar, dass Bombardier den Betrieb loswerdenwill, der sich seit langem stiefmütterlich behandelt fühlt.
Hinter den Kulissen wird deshalb seit Wochen an langfristigenAlternativen für den Standort gearbeitet. Die Vetschauer pochtengleichzeitig mit ihrem Protest darauf, dass Bombardier ohne das -zudem mit Gewinn arbeitende - Werk nicht alle anstehenden Aufträgebewältigen könne. Im Januar besetzte die Belegschaft für wenigeStunden den Betrieb. Am Dienstag machten die Beschäftigten in Berlinlautstark auf sich aufmerksam. Ihre Drehgestelle karrten sie bis vordie Konzernzentrale, in der der Bombardier-Aufsichtsrat tagte. Nachder lang erbetenen klaren Aussage zu ihrer Zukunft herrschte Jubel.
Am Mittwoch schienen sich dagegen wieder alle auf ihre Arbeit unddie nächsten Schritte zu konzentrieren. Die Mitarbeiter votiertendafür, den Druck aufrecht zu erhalten und nicht mehr als 100 Prozentzu produzieren. «Wir machen weiter Dienst nach Vorschrift», gibt derVorsitzende des Betriebsrats, Horst Hänsel, die Entscheidung wieder.An drei Wochenenden seien Mahnwachen geplant. Ein lebensgroßer Obelixaus Plüsch steht weiter in dem Versammlungsraum. Auch die Plakategegen die Schließung flattern vor dem Werksgelände noch im Wind -jetzt wohl eher als Mahnung.