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Bestattungsausrüster Bestattungsausrüster: Urnen können Retter sein

15.08.2007, 06:23
Die Keramikerin Helga Prellberg von den Neuen Keramischen Werken Haldensleben GmbH (Landkreis Börde) transportiert Urnen aus Keramik. (Foto: dpa)
Die Keramikerin Helga Prellberg von den Neuen Keramischen Werken Haldensleben GmbH (Landkreis Börde) transportiert Urnen aus Keramik. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Haldensleben/dpa. - Einst Hersteller vonZierkeramik, hat sich das Unternehmen jetzt auf die Produktion vonKeramikurnen spezialisiert. «Unsere Zierkeramik, dazu zählten Tiere,Vasen und Geschirr, war wegen der Schwemme aus Asien nicht mehreinträglich am Markt, so wandten wir uns den Urnen zu», sagtGeschäftsführer Georg Wiegang. Die Gefäße machten jetzt 80 Prozentder Produktion des 170 Jahre alten Unternehmens aus. «Es ist einGeschäft wie jedes andere», meint der Unternehmer.

Eher zufällig kam Wiegang auf die Idee. Ein Bekannter - tätig ineinem Bestattungsunternehmen - nahm ihn mit zu einer Messe. Dorterkannte Wiegang die Marktlücke und begann vor fünf Jahren mit derHerstellung von Keramikurnen. «Der Absatz war am Anfang sehrmühselig. Bestatter sind die konservativste Berufsgruppe, die esgibt», erinnert sich Wiegang. Sie wollten nicht glauben, dass sichdie Keramikurnen entsprechend der in Deutschland vorgeschriebenenLiegefrist nach 15 bis 20 Jahren zersetzen. Mit einem Gutachtenkonnte Wiegang aber belegen, das seine Keramikurnen ebenso in demZeitraum zerfallen wie die sonst üblichen Metallurnen.

So verlassen jetzt jährlich 25 000 Grabgefäße die kleine Stadt inder Börde. Bestatter aus ganz Deutschland und auch im Ausland gehörenzu den Abnehmern. «Des Kunden Wunsch ist sein Himmelreich» ist dieDevise der rund 15 Beschäftigten. In den verschiedensten Farbenglasiert, marmoriert oder mit feinstem Stoff bespannt verlassen dieGefäße das Werk. Selbst individuelle Sehnsüchte für den letzten Gangwerden berücksichtigt. «Ein Mann aus einer deutschen Winzerregionwollte in einer Urne als Weinfass seine letzte Ruhe finden», erinnertsich Wiegang. Kein Problem für die Keramikkünstler in Haldensleben:Der Mann ruht selig in seinem Fass.

In Deutschland gibt es mehrere Unternehmen, die Keramikurnenherstellen, sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes DeutscherBestatter, Rolf Lichtner. «Doch der Betrieb in Haldensleben liefertbesonders gute Qualität und hat eine gewissen Fantasie undSensibilität für die Urnen entwickelt.» Nach Angaben des Verbandesmachen Feuerbestattungen in Deutschland derzeit 44 bis 46 Prozent derjährlichen 840 000 Bestattungen aus. Besonders in Norddeuschland undin den neuen Bundesländern werden die Toten verbrannt. «Die Tendenzder Feuerbestattung ist steigend», sagt Lichtner. Grund seien vorallem die geringeren Kosten.

Der steigende Trend lässt Wiegang nicht ruhen. Selbst beiForschern sucht er Beistand: Gemeinsam mit in- und ausländischenWissenschaftlern entwickelte er eine spezielle Fräse. Mit ihrer Hilfelassen sich noch mehr Wünsche der Kunden berücksichtigen. So kann dasGesicht des Verstorbenen auf der Außenwand der Urne eingraviertwerden. Möglich sei auch die Verewigung der Hobbys des Toten, zumBeispiel in Form von Pferd, Hund oder Golfschläger. Auch andereUtensilien gehören zum Repertoire des Unternehmens in Haldensleben:Zum Beispiel kleine Keramikdosen, in denen ein Teil der zwei bis dreiKilo anfallenden Asche eines Toten aufbewahrt werden kann - «für dieLieben daheim».