Banken Banken: Geprellte Anleger hoffen auf Bundesgerichtshof

Karlsruhe/dpa. - Aber nurdann, wenn das höchste deutsche Zivilgericht akzeptiert, was dasOberlandesgericht (OLG) Karlsruhe Ende 2004 mit ungewöhnlichdeutlichen Worten formuliert hatte: dass der damals verantwortlicheBadenia-Finanzvorstand am Betrug geprellter Immobilienkäuferbeteiligt gewesen sei.
Nittels Kanzlei vertritt mehr als 100 der unglücklichenWohnungskäufer, die in den 90er Jahren der inzwischen insolventenDortmunder Firma Heinen & Biege auf den Leim gegangen sind. Sievermittelte nach Nittels Angaben rund 7000 Wohnungen, auch solche,die aus der Pleite des Gewerkschaftskonzerns Neue Heimat stammten.Altersvorsorge für kleine Leute sollte das sein, die Darlehen kamenin der Regel von Badenia. Heute, sagt der Opferanwalt und Ex-Bundesinnenminister Gerhart Baum, stehen viele dieser Menschen amAbgrund. Die Wohnungen sind nichts wert, doch die Kredite müssenzurückgezahlt werden.
So richten sich die Hoffnungen der verzweifelten Anleger auf dieJustiz. Mehr als 1500 Badenia-Fälle sind vor Gericht, doch dieErwartungen sind bisher überwiegend enttäuscht worden. Der XI.Zivilsenat des BGH, durchaus doppelsinnig auch der Bankensenatgenannt, stellte sich bisher überwiegend auf den Standpunkt, die Bankvergebe ja nur Kredite und habe mit dem eigentlichenImmobiliengeschäft nichts zu tun. Die Folge: Selbst wenn der Kundeden Darlehensvertrag nachträglich kippen kann, muss er die Summezurückzahlen - und bleibt auf seiner maroden Wohnung sitzen.
Inzwischen haben allerdings selbst Experten Schwierigkeiten, ausder langen Reihe von BGH-Urteilen noch eine klare Tendenzherauszulesen. Deswegen richtet sich das Augenmerk auf den Prozess amkommenden Dienstag. Denn daraus könnte erkennbar werden, ob der Senatseine bankenfreundliche Haltung in Sachen Schrottimmobilien aufgibt.
Folgt der BGH dem OLG, dann könnten viele Anleger wieder hoffen.In dem mehr als 110 Seiten starken Urteil vom 24. November 2004gesteht das OLG einer Polizistin einen Schadensersatzanspruch gegenBadenia zu. Sie hatte 1997 eine - als Steuersparobjekt angepriesene -Wohnung in Wuppertal gekauft. Laut OLG hat die mit dem Vertriebbetraute Heinen & Biege-Gruppe die Ausschüttungen aus einem sogenannten Mietpool-Konzept bewusst zu hoch kalkuliert, um dieImmobilie den Käufern schmackhaft zu machen. Das Konzept sei «vonAnfang an betrügerisch» gewesen, heißt es in dem Urteil.
Doch der Clou folgt erst auf Seite 107: Der damalige Badenia-Finanzvorstand - so stellt das OLG fest - habe Teile desbetrügerischen Konzepts gekannt und sich damit der Beihilfe zumBetrug schuldig gemacht. Würde der BGH dem folgen, dann wäre dieKluft zwischen Vermittler und Bank endlich überbrückt - die Anlegerkönnten sich direkt an Badenia halten. Gegen den Ex-Finanzvorstandermittelt seit einigen Jahren die Staatsanwaltschaft Mannheim. Nunsoll es allerdings, wie er zur «Stuttgarter Zeitung» sagte, Signalefür eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage von 25 000Euro gegeben haben.
Sein Unternehmen habe bisher 900 Vergleichsangebote gemacht, 300würden in Kürze folgen, sagte der Vorstandsvorsitzende der Badenia,Dietrich Schroeder, «Stuttgarter Zeitung» (Samstag). Die Hälftedavon sei bereits angenommen. Diesen Weg gehe er, um die «Dingewieder ins Lot zu bringen» und in Not geratenen Menschen zu helfen.Er wisse, dass sehr viele Käufer «sehr unglücklich» seien, sagte der65-jährige Manager, der nach wie vor Wert auf die Feststellung legt,dass sein Unternehmen nur Finanzier der Immobilien war. Er sei aberinteressiert daran, den «Weg der Verständigung» weiter zu gehen, auchwenn die Badenia vor dem BGH obsiegen sollte.
Dass Badenia mehr als nur die freundliche Bausparkasse fürImmobilienkäufer gewesen sei, behauptet der Autor des vor kurzemausgestrahlten ARD-Films «Die Bausparfalle». In zwei Gutachten, soheißt es dort, werde festgestellt, dass Heinen & Biege spätestensseit 1995 von den Krediten der Badenia abhängig gewesen sei und amEnde nur noch als «Strohmann» der Bausparkasse fungiert habe.
Wäre dies so, dann könnten die Vorgaben aus einem BGH-Urteil vomMai 2006 zur Waffe in den Händen der Anleger werden. Danach genießtder geprellte Anleger im Rechtsstreit mit der BankBeweiserleicherungen, wenn Bank und Immobilienvertrieb«institutionell» zusammengearbeitet haben - woran bei einerAbhängigkeit kein Zweifel mehr bestünde. Badenia weist freilichdarauf hin, dass die Gerichte - mit Ausnahme des OLG Karlsruhe - diefraglichen Gutachten bisher für unerheblich gehalten haben.
Doch noch dominiert in Sachen Schrottimmobilien der Konjunktiv -und angesichts der unübersichtlichen Rechtsprechung folgen Prognosenzu Urteilen des Bankensenats mittlerweile eher dem bekanntenJuristenmotto: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.