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Airbus Airbus: Ex-Vorstandschef wird wegen Aktien-Insiderhandel vernommen

Von Hans-Hermann Nikolei 28.05.2008, 11:55

Paris/dpa. - Doch die Feier wurde verdorben, bevor sie richtig begann. Erst schickten französischePolitiker und Airbus-Manager Brandbriefe, in denen sie der deutschen Seite vorwarfen, beim europäischen Flugzeugbaukonzern die Macht zu übernehmen und den beschlossenen Arbeitsplatzabbau in Deutschland zu hintertreiben. Nun gingen die Pariser Finanzermittler in der Insider-Affäre in die Offensive und nahmen den früheren «Mr. Airbus» Noël Forgeard in die Mangel. Beides ist Sprengstoff für den überwiegend deutsch-französischen Konzern.

In den Insiderskandal um EADS-Aktienverkäufe ist neben Ehemaligen wie Forgeard praktisch die gesamte aktuelle Konzernführung verwickelt. Die Pariser Börsenaufsicht AMF nennt unter anderem Airbus-Chef Thomas Enders, seinen Stellvertreter Fabrice Brégier und Chefverkäufer John Leahy. Die AMF hat ihre Dokumente der Justiz übergeben. Wenn die Justiz auch die aktiven Manager aufs Korn nehmen sollte - was von Medien vermutet wird -, dann werden sie viel Zeit für ihre Verteidigung benötigen.

Zeit, die sie nicht haben: Der Konzern kämpft derzeit mit demgrößten Umbauprogramm seiner Geschichte, einer katastrophalenVerschlechterung der Kostenstruktur wegen der Dollarschwäche undeinem beispiellosen Anstieg der Ölpreise, die seine Kunden in die Knie zu zwingen droht. Gleichzeitig hat Airbus große Mühe, die Produktionsprobleme bei der A380 zu lösen, das Zukunftsprojekt A350 anzuschieben und den Militärtransporter A400M rechtzeitig in die Luft zu bringen. Da wird von allen Managern höchster Einsatz verlangt.

Doch der Insiderskandal kostet nicht nur Energie, sondern sorgtfür noch mehr Zündstoff in dem wieder aufflammenden deutsch-französischen Streit. Das ist gefährlich. Denn die vor zehn Monatenmühsam mit Hilfe von Bundeskanzlerin Angela Merkel und PräsidentNicolas Sarkozy ausgehandelte neue Konzernführung ist einempfindliches «deutsch-französisches Gesamtkunstwerk». So wurdeEADS-Vorstandschef Louis Gallois zwischen einem deutschen Airbus-Chefund einem deutschen EADS-Präsidenten «eingemauert». Airbus-ChefEnders übergeordnet ist wiederum der Franzose Gallois und an EndersSeite steht ein französischer Stellvertreter. Sollten Köpfe rollen,könnte das ganze Führungsgebäude einstürzen.

An diesem Donnerstag reist Gallois nach Toulouse zum Airbus-Zentrum, um die dort hoch gehenden deutschfeindlichen Wogen zuglätten. Der Chef der Handelskammer von Toulouse, Claude Terrazzoni,hat den Deutschen in einem Brandbrief an WirtschaftsministerinChristine Lagarde vorgeworfen, den Verkauf mehrerer deutscher undfranzösischer Werke hintertrieben zu haben und die Franzosen um ihretechnischen Fertigkeiten und Arbeitsanteile zu betrügen. Gleichzeitigfordern französische Airbus-Manager die Rückkehr zu nationalenVerantwortlichkeiten, weil die Machtkämpfe mit den Deutschen«ungebremst» weitergingen.

In deutschen Konzernkreisen werden die Klagen über eine deutscheVorherrschaft im Konzern als «Bullshit» und Zeichen für mangelndesSelbstbewusstsein der Franzosen bezeichnet. «Das Gleichgewicht desSchreckens besteht weiter», heißt es ironisch. Doch derFeuerwehreinsatz von Gallois zeigt, dass es brennt. Die Rückkehr desInsiderskandals kommt da zum schlechtest möglichen Zeitpunkt.