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Ahmadinedschad sorgt für den erwarteten Eklat

20.04.2009, 15:54

Genf/Berlin/dpa. - Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat am Montag bei der UN-Konferenz gegen Rassismus in Genf für einen Eklat gesorgt. In seiner Rede, die von Frankreich später als «Hassrede» eingestuft wurde, warf er Israel Rassismus vor.

Daraufhin verließen mehrere EU-Vertreter aus Protest den Saal. Zuvor schon hatten die USA und Deutschland ihre Teilnahme an der Konferenz abgesagt, da sie befürchtet hatten, dass die Gespräche zu einem Podium anti-israelischer Erklärungen werden könnten. Der Boykott war unter anderem von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon kritisiert worden.

Ahmadinedschad sprach vor den Delegierten von einer «völlig rassistischen Regierung» Israels, die die besetzten palästinensischen Gebiete beherrsche. Zuvor hatten mehrmals Demonstranten versucht, die Rede Ahmadinedschads zu stören. Er sprach von «barbarischem Rassismus». Eine ganze Nation sei heimatlos geworden, meinte er unter Hinweis auf Palästina. «Zionisten» und ihre Verbündeten hätten den Krieg im Irak geplant. Der Zionismus sei der «personifizierte Rassismus».

Mehrere EU-Diplomaten, die zuvor schon «angemessene Reaktionen» auf «inakzeptable Äußerungen» angekündigt hatten, verließen den Saal, andere Teilnehmer der Konferenz dagegen applaudierten Ahmadinedschad. UN-Generalsekretär Ban verurteilte die Rede. «Das ist das Gegenteil dessen, was diese Konferenz erreichen will», sagte er. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, wies die Anschuldigungen Ahmadinedschads ebenfalls zurück.

Der Vortrag Ahmadinedschads sei ein nicht tolerierbarer Aufruf zu rassistischem Hass gewesen, ließ Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy mitteilen. Der iranische Präsident verhöhne die Ideale und Werte der Menschenrechtserklärung. Sarkozy forderte eine geschlossene Reaktion der EU.

Noch zu Beginn der Konferenz war der Boykott Deutschlands und der USA scharf kritisiert worden. Auch Italien, Polen und die Niederlande hatten sich dieser Entscheidung angeschlossen. «Ich bedauere zutiefst, dass einige sich entschlossen haben, beiseite zu treten», sagte Ban in seiner Eröffnungsansprache. «Wir träumen davon, in eine neue Richtung zu gehen, jedoch bleiben zu viele von uns in der Vergangenheit verstrickt», sagte Ban.

Russland verurteilte den Boykott. Offenbar seien nicht alle Regierungen bereit, sich den wachsenden Herausforderungen von Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung zu stellen, sagte der russische Vize-Außenminister Alexander Jakowenko der Regierungszeitung «Rossijskaja Gaseta». Auch aus Österreich kam Kritik. Das Fernbleiben Deutschlands, Italiens, Polens und der Niederlande sei «kein Stärkezeichen der EU», sagte Außenminister Michael Spindelegger.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier wies Kritik an der uneinheitlichen Haltung der EU zurück. «Das ist weiß Gott keine Spaltung Europas in entscheidenden politisch-strategischen Fragen», sagte er nach einem Treffen mit dem italienischen Außenminister Franco Frattini in Berlin. Dieser betonte, alle EU-Staaten seien sich in der Verurteilung von Rassismus einig.

Deutschland hält sich allerdings die Möglichkeit offen, doch noch in die Beratungen bei der Konferenz einzusteigen. Die Bundesregierung werde das Treffen in den kommenden Tagen beobachten, sagte Vize- Regierungssprecher Thomas Steg. «Wenn sich ein positiver Ablauf abzeichnet, haben wir uns vorbehalten, in die Schlussdiskussion einzusteigen.» Als Grund für den Boykott nannte Steg unter anderem die «spezifische deutsche Geschichte». Mit dem Boykott nimmt Deutschland erstmals seit der Aufnahme in die Vereinten Nationen 1973 an einer großen UN-Konferenz nicht teil.

Die in Genf teilnehmenden EU-Staaten wollen in der Abschlusserklärung keine Verurteilung einzelner Staaten, Religionen oder antisemitische Äußerungen dulden. Dies sagte die Sprecherin der EU-Kommission, Christiane Hohmann, am Montag in Brüssel. Im Entwurf für die Schlusserklärung seien die «roten Linien» der EU gewahrt geblieben. «Wir wissen, dass der Text nicht ideal ist.»

Die Teilnahme des iranischen Präsidenten an der Konferenz sorgte schon vor Beginn der Gespräche für einen ersten diplomatischen Eklat. Israel rief seinen Botschafter aus der Schweiz zu Beratungen zurück, nachdem Ahmadinedschad am Vorabend vom Schweizer Bundespräsidenten Hans-Rudolf Merz empfangen worden war. Das Treffen des Präsidenten eines demokratischen Staates mit einem Holocaust-Leugner wie Ahmadinedschad, der auch zur Zerstörung des Staates Israel aufrufe, entspreche nicht den Werten, für welche die Schweiz stehe, hieß es in einer Mitteilung des israelischen Außenministeriums.