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Sammlerehepaar Jakob und Kenda Bar-Gera Sammlerehepaar Jakob und Kenda Bar-Gera: Dissidenten auf der Spur

Von Günter Kowa 25.11.2002, 15:23

Halle/MZ. - Es liegt etwas Wesensnahes in ihrem lebenslangenInteresse an "verfolgter Kunst" und "verfolgtenKünstlern". Ein Kreis wird sich schließen,wenn die Bar-Geras mit ihrer Sammlung eindiesem Thema gewidmetes Museum bestücken,das im Mai kommenden Jahres in der israelischenStadt Ashod bei Tel Aviv eröffnet werden soll.

Das Haus wird mit einer Forschungsstätte verbundenund ist das Werk gemeinsamer deutsch-israelischerFörderinitiativen. Nazi-Deutschland, Sowjetunionund Spanien - das waren für die Bar-Gerasunerforschte Territorien einer vergessenenund verstoßenen Kunst aus Zeiten totalitärerRegimes. Die beiden Überlebenden des Holocaustaus Luzk in Ostpolen, heute Ukraine, legtenin ihrem Gespräch in der Moritzburg den Schwerpunktjedoch auf denjenigen Aspekt ihres Sammelinteresses,der auch der Ausstellung sein besonderes Gewichtgibt: die sowjetische Dissidentenszene.

Für den Zeitraum dieser Epoche, der mit Kriegsendebeginnt, können sie recht genau den Endpunktdefinieren. Es ist für sie der Tag einer Versteigerung,den das Auktionshaus Sotheby's 1988 in Moskaumit Werken der Nonkonformisten durchführte.Das sehen sie als den Beginn der Perestroikaauf dem Gebiet der Kunst. Die Verfolgung warvorüber, die jahrzehntelang mit unterschiedlicherIntensität in der Sowjetunion geherrscht hatte.

Nach ihrer Ansicht trug diese Verfolgung einanderes Gesicht als in der DDR. Die Ausgrenzunggeschah demnach mit unterschiedlicher Intensität."In der DDR hat man die inoffiziellen Künstlerignoriert, aber geduldet, in der Sowjetunionhat sie der KGB abgeführt, hat selbst Ausstellungenin Privatwohnungen aufgelöst."

Unter diesen Bedingungen war es für westlicheSammler mühsam, Kontakte zu knüpfen und zuhalten. 1970 hat Frau Bar-Gera in ihrer KölnerGalerie erstmals russische Dissidenten gezeigt.Es waren vornehmlich Arbeiten auf Papier,weil die leichter zu transportieren waren.Zur Eröffnung war unter anderem die russischeBotschaft eingeladen. "Die haben alle Namenaufgeschrieben, aber kein Künstler ist zuSchaden gekommen."

In Russland halfen den Bar-Geras verschiedeneKontaktleute, so ein tschechischer Kunsthistoriker,aber auch der Chef der Niederlassung von IBM,damals der einzigen westlichen Firma, dieein Büro in Moskau unterhielt. Ein Vorratan Kopekenstücken war ihr konspiratives Handwerkszeug:Der Kontakt zu den Künstlern lief nur überTelefonzellen. Lang ist das her.

Bis zum 6. Januar, Di 11-20.30, Mi-So10-18 Uhr.