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Wahlkrimi in Halle Wer wird stärkste Kraft im Stadtrat? Ringen zwischen AfD und CDU

Wie im gesamten Osten gibt es auch in Halle einen Rechtsruck. Das sorgt bei den Wahlsiegern für gute Stimmung und lange Gesichter bei den meisten anderen Parteien und Gruppen.

Von Dirk Skrzypczak, Jonas Nayda und Marvin Matzulla Aktualisiert: 09.06.2024, 23:46
Gebanntes Warten im Stadthaus: Der Wahlabend entwickelte sich zu einem Krimi. 23.30 Uhr war noch nicht klar, wie der neue Stadtrat aussieht.
Gebanntes Warten im Stadthaus: Der Wahlabend entwickelte sich zu einem Krimi. 23.30 Uhr war noch nicht klar, wie der neue Stadtrat aussieht. Foto: Schellhorn

Halle (Saale)/MZ - Rechtsruck in Halle. Die AfD hat in der Händelstadt nicht nur die Europawahl gewonnen. Sie lieferte sich auch über Stunden bei der Stadtratswahl ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU. Im Gegensatz zu allen anderen Parteien und Wählergruppierungen verzichteten die AfD-Kandidaten auf eine Wahlparty. Auch blieben sie dem Stadthaus fern, in dem sich am Abend wieder Vertreter von Parteien und Wählergruppierungen trafen, um die Auszählung der Ergebnisse zu verfolgen. In einer ersten Stellungnahme dankte Fraktionschef Alexander Raue den Wählern. „Ich sage in aller Bescheidenheit und Demut, dass mich das Vertrauen der Bürger sehr berührt.“ Man werde sich dafür einsetzen, „die in uns gesetzten Hoffnungen zu erfüllen“.

Linke Mehrheit futsch

Alexander Raue verfolgte im Wahllokal die Auszählung.
Alexander Raue verfolgte im Wahllokal die Auszählung.
Foto: Matzulla

Obwohl 23 Uhr erst 97 von 186 Wahllokalen ausgezählt waren, scheint die Mehrheit der 56 Sitze für Linke, Grüne und SPD der Vergangenheit anzugehören. AfD und CDU marschierten vorneweg, getrennt nur durch wenige Prozentpunkte. Bei der Stadtratswahl vor fünf Jahren waren die Linke noch stärkste Kraft. „Natürlich ist das bitter“, sagte Linken-Stadtvorsitzende Ute Haupt. „Wir waren stärkste Kraft und haben jetzt deutlich verloren.“ Dass die Linken ihre Vormachtstellung im Stadtrat abgeben würden, habe sich abgezeichnet. Dass es aber so deutlich wurde, sei enttäuschend. Nun gehe es darum, im neuen Stadtrat eine demokratische Mehrheit gegen die AfD zu bilden. Auch die Grünen zeigten sich enttäuscht. „Angesichts des Erstarken der Rechten in Europa, ist es nicht das Ergebnis, das wir uns gewünscht haben“, sagte Grünen-Spitzenkandidatin Claudia Dalbert. „Aber wir können damit leben.“ Auch Dalbert sagte, dass sie nun erwarte, dass im Stadtrat eine „Brandmauer“ gegen Rechts stehe. Für die hallesche SPD verlief die Wahl auf kommunaler Ebene erfolgreicher als auf EU-Ebene. Das EU-Wahlergebnis mache bei der SPD zwar niemanden glücklich, aber es sei schön, dass es auf kommunaler Ebene trotzdem gelungen sei, ein gutes Ergebnis zu holen, sagte Halles SPD-Fraktionsvorsitzender Eric Eigendorf. „Ich sehe das als Bestätigung für fünf Jahre gute Arbeit.“

Zwischen Baum und Borke

Bei der CDU war die Stimmung gedämpft, obwohl die Partei in Halle im Vergleich zu den Wahlen 2019 zulegte, auf kommunaler Ebene wie die AfD auch deutlich. „Wir müssen erst das Endergebnis abwarten, bevor wir ein Resümee ziehen können. Dass wir bei der Europawahl nicht stärkste Kraft geworden sind, ist bedauerlich. Für uns ist aber der Stadtrat wichtiger“, sagte Christoph Bernstiel. Man habe für die Kommunalwahl zwei Ziele: „Wir wollen stärkste Kraft werden und die linksgrüne Mehrheit brechen.“ Man wolle die bürgerliche Mitte stärken.

Jan Riedel (Mitte), hier mit Bürgermeister Egbert Geier und Parteikollegin Claudia Schmidt,  zieht für die CDU in den Stadtrat ein.
Jan Riedel (Mitte), hier mit Bürgermeister Egbert Geier und Parteikollegin Claudia Schmidt, zieht für die CDU in den Stadtrat ein.
Foto: Schellhorn

Hauptsache Halle, vor fünf Jahren noch Neuling im Stadtrat, wird den Wiedereinzug schaffen. „Wir sind gut im Rennen. Das entspricht unseren Erwartungen“, sagte Fraktionschef Andreas Wels. Das deutliche Erstarken der AfD sei bedenklich. „Wir müssen das als Signal nehmen und uns mehr den neuralgischen Problemen der Bürger widmen“, forderte er.

Neu im Stadtrat dabei ist die Partei „Volt“, die bisher hauptsächlich auf EU-Ebene aktiv war. Volt-Sprecherin Catalina Möwes zeigte sich am Wahlabend begeistert. „Wir freuen uns, dass wir dabei sind und sind stolz, dass wir in Halle so viel Vertrauen gewinnen konnten.“ Die Partei möchte „frischen Wind und neue Ideen“ in den Stadtrat bringen. Dagegen wird die Satirepartei „Die Partei“ wohl ihren Fraktionsstatus verlieren. „Wir sind so traurig, dass wir nichts sagen können“, sagte Noch-Fraktionsvorsitzende Dörte Jacobi.