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MZ VOR ORT IM WAHLBEREICH 3 Schönes Wohnviertel mit steigenden Mieten

Es lebt sich gut im Paulusviertel, darin sind sich die meisten Anwohner einig. Am MZ-Infostand am Fuß der Pauluskirche wurden aber auch Probleme benannt. Die reichen vom schlechten Zustand der Gehwege über fehlende Überdachungen an öffentlichen Plätzen bis hin zu steigenden Mietpreisen.

Von Denny Kleindienst und Dirk Skrzypczak Aktualisiert: 10.05.2024, 14:19
Beim MZ-vor-Ort-Gespräch kam Redakteur Denny Kleindienst  auch mit Paul und Bruno (von links) ins Gespräch.
Beim MZ-vor-Ort-Gespräch kam Redakteur Denny Kleindienst auch mit Paul und Bruno (von links) ins Gespräch. Foto: Dirk Skrzypczak

Halle (Saale)/MZ - Andreas Mücksch ist am Mittwoch auf dem Weg zur Orgelprobe in der Pauluskirche und hält kurz am Infostand der MZ an. „Man sagt, wir wohnen im Paulusviertel, nicht in Halle“, sagt der Kantor im Spaß – und beschreibt damit doch ein Lebensgefühl, das unter den Anwohnern vorherrscht.

Seit über 30 Jahren wohnt Mücksch im Paulusviertel. „Es ist sehr angenehm hier“, sagt er. Das hört man so ähnlich von so ziemlichen allen, die an diesem Tag am Infostand vorbeikommen, viele davon übrigens entweder mit kleinen Kindern, mit Hund oder mit beiden: Sie würden gern hier leben, es gebe viel Grün, es sei ruhig.

Einen Punkt macht Andreas Mücksch aber noch zum Stadtrat, der am 9. Juni neu gewählt wird: „Ich wünsche mir mehr Sachpolitik und weniger Parteipolitik.“

Was Frank Gryga stört? Er geht in die Hocke und hält die flache Hand neben den Bordstein. „Die Kante ist viel zu hoch. Gehbehinderte, Familien mit Kinderwagen aber auch Radfahrer haben damit Probleme.“ Man müsse besser miteinander umgehen, meint er noch. „Ich war zuletzt in der Schweiz. Da grüßen sich auch fremde Menschen freundlich. So etwas würde ich mir in Halle auch wünschen.“

„Das Miteinander ist zuletzt sehr eingeschlafen“

Zudem müsste die Stadt ihre Städtepartnerschaften besser pflegen. „Ich war schon in einigen der Städte. Das Miteinander ist mir zuletzt zu sehr eingeschlafen.“

Frank Gryga wünscht sich niedrigere Bordsteinkanten. „Das ist hier so hoch, dass Gehbehinderte oder Familien mit Kinderwagen Probleme haben.“
Frank Gryga wünscht sich niedrigere Bordsteinkanten. „Das ist hier so hoch, dass Gehbehinderte oder Familien mit Kinderwagen Probleme haben.“
Foto: Dirk Skrzypczak

Almuth Marquardt ist vor 49 Jahren aus Thüringen nach Halle gezogen. „Ich fand es damals schrecklich. Kein Grün, alles grau und dreckig. Halle hat sich enorm verändert. Ich fühle mich hier wohl“, sagt sie. Allerdings würde sie sich vor allem in den späten Abendstunden bessere ÖPNV-Verbindungen wünschen. „Ich war zu einem Konzert in der Georgenkirche. Neben uns saßen Besucher aus Leipzig, die nicht wussten, wie sie zurück zum Bahnhof kommen sollen, weil keine Bahn mehr fuhr. Also haben wir sie mit dem Auto gebracht“, erzählt sie.

Was sie zudem störe, seien die Mülltonnen, die noch Tage nach der Leerung Fußwege blockieren. Verständnis zeigt sie hingegen für die jungen Leute, die sich am Bebel treffen. „Ich wohne dort in der Nähe. Ja, da ist es manchmal laut. Wo sollen die Jugendlichen aber auch hin?“ Sie habe abends jedenfalls keine Angst auf dem Platz.

Angst haben auch Paul (17 Jahre) und Bruno (20) nicht, obwohl sie selbst Erfahrungen mit anderen Jugendlichen gemacht haben, die sie beklauen wollten oder ihnen Gewalt androhten, wie sie erzählen. „Mir wurde auch schon ein Messer vorgehalten“, sagt Bruno. Die beiden sind mit ihren Freunden viel draußen unterwegs. Was sie richtig gut fänden, wären mehr überdachte Plätze – zum Beispiel am Landesmuseum oder an der Pauluskirche. Eine einfache Überdachung für mehrere Leute würde ihnen schon reichen.

Mischung unterschiedlicher Einkommensschichten nimmt ab

Apropos Bebel-Platz und Verständnis für junge Leute. Der Platz liegt ebenfalls im Wahlbereich drei. Nächtlicher Lärm sorgt dort immer wieder für Unmut bei Anwohnern. Adrian Roetzscher kennt das Problem, er schaut von seinem WG-Zimmer direkt auf den Platz. Um den Schlaf würde ihn das „Bebeln“ aber nicht bringen. Wobei er erklärt: „Ich kann allgemein sehr gut schlafen.“

Was vielen Leuten im Paulusviertel nach der ersten Wohlfühl-Bekundung als negativer Aspekt häufig noch einfällt: Dass die Fußwege im schlechten Zustand sind. Gerade für ältere Menschen mit Rollatoren sei es kein Spaß, gebe es doch allerorts Stolperfallen.

Mit Sorge schauen Anwohner zudem auf die Entwicklung der Wohnkosten im Paulusviertel. „Alle haben Angst, dass die Mieten ins Unermessliche steigen“, sagt Thomas Brüning, der unweit der Pauluskirche wohnt. Theaterpädagogin Kathrin Lau, am Mittwoch auch mit Hund am Rathenauplatz unterwegs, berichtet von einer Mieterhöhung um zwölf Prozent, die sie zuletzt von der HWG erhalten habe. Das sei zwar noch im Rahmen, doch auch sie fürchtet, dass der Mietpreis noch weiter steigt.

Als sie 2001 ins Paulusviertel zog, habe es noch mehr Leerstand gegeben und seien mehr Studenten zu sehen gewesen, so Lau. Ihr Eindruck ist, dass die Mischung unterschiedlicher Einkommensschichten im Viertel weiter abnimmt.