Zum Tod von Rudi Strahl Zum Tod von Rudi Strahl: Bis zuletzt ein Duft von frischem Heu
Halle/MZ. - Es war nicht so, dass er die DDR vermisste. Die war ihm, trotz der Publikumserfolge, die sie ihm gestattete, "viel zu kleinkariert, um ihr hinterherzuweinen". Es war etwas anderes, das Rudi Strahl den Instant-Kaffee langsamer schlürfen ließ, das die Abstände zwischen seinen flott geplauderten Pointen in die Länge zog. Es war eine leise, aber hartnäckige Trauer, die Rudi Strahl noch vor seiner Krebserkrankung erwischt hatte - die Trauer um seinen Sohn Bob, der 1997 38jährig starb. Und jene, die das Alter allen vitaleren Erdengängern beschert. Das Wissen, dass das, was man noch gerne veranstaltet hätte, unmöglich ist. Hätte sich die "Wende" nur zehn Jahre früher ereignet, ja dann! Dann hätte er seine eigene Bühne gegründet, verriet Strahl 1996 der MZ. Eine "Blitzbühne auf Rädern" wäre das gewesen, die stets dann losgerollt wäre, wenn sich im Spielplan irgend eines Theaters eine Lücke aufgetan hätte. Die Strahl-Kompagnie im Einsatz, so ein Projekt hätte Erfolg gehabt. Auch wenn Rudi Strahl nach 1989 auf jene Landkarte verzichtete, auf der er zu Haus mit Flaggen markierte, welcher Ort sich aktuell im Rudi-Fieber schüttelte. "Was soll das, wenn auf der Weltkarte nur vier bis fünf Fähnchen flattern?" Seine Karriere startete Strahl, der Stettiner Schlossersohn, 1950 als Offiziersbewerber bei der Kasernierten Volkspolizei, die einen "Verlag für schöngeistige Literatur" betrieb. Dieser biografische Umstand war ihm später peinlich: "Müssen Sie das schreiben?" 1958 quittierte der Hauptmann seinen Dienst und lief zum "Eulenspiegel" über. Nun ging es gipfelhoch: als Drehbuchautor ("Ein irrer Duft von frischem Heu"), Lustspielschreiber ("In Sachen Adam und Eva"), Lyriker ("Ewig und drei Tage"). Strahl schrieb so, wie es sich Max Frisch in seinem "Tagebuch 1947-49" wünschte: aus einer großen "Bejahung", die "unseren Wirklichen Fragen und unserem heutigen Bewusstsein nicht ausweicht". Rudi Strahl blieb bis in die Gegenwart hinein ein Mann, mit dem die Begegnung Vergnügen bereitete, den ein heiterer Ernst vorantrieb und der - nicht selbstverständlich für ein Mann seines DDR-Formates - ein offener Zeitgenosse blieb. Strahl schrieb und reiste, hielt sich fern von Alten-Kameraden-Querelen. Er lobte das Debütbuch "Eine unsterbliche Seele" seines Sohnes Bob: "Er war wohl der Bessere". In der Nacht zum Freitag ist Rudi Strahl 69jährig in Berlin gestorben.