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Wolfgang Seguin Wolfgang Seguin: Saubere Drecksarbeit mit Ball und Bürste

Von Axel Meier 03.05.2004, 19:40

Magdeburg/MZ. - Unten auf dem Hof glänzen die kleinen Transporter in der Frühlingssonne. Der leichte Staubfilm ist kaum wahrzunehmen, doch Wolfgang Seguin raunzt vom Fenster im ersten Stock: "Die müssten auch mal wieder in die Wäsche." Der 58 Jahre alte Held glorreicher blau-weißer Zeiten in Magdeburg achtet noch immer penibel darauf, dass alles in seinem Umfeld stimmt. "Ich hasse Unordnung, denn ich hatte schon immer einen Tick für saubere Sachen", erzählt der einstige Fußball-Nationalspieler, der nach der Wende die Ärmel hochkrempelte und zu einem erfolgeichen Unternehmer in der Reinigungsbranche geworden ist.

"Paule, wie wir den Wolfgang seit Kindesbeinen nach einem Burger Vorbild rufen, ist nie zu spät gekommen, hatte immer geputzte Schuhe und akkurate Hemden. Vor dem Gang aufs Feld hat er im Spiegel die Haare gerichtet", erinnert sich Heinz Dehne, der erste Trainer in Burg. "Manchmal hat er uns mit seinem Reinlichkeitsfimmel verrückt gemacht", ergänzt FCM-Mitspieler Martin Hoffmann.

Saubere Drecksarbeit mit Ball und Bürste sind zum Markenzeichen von Seguin geworden. Auf dem Platz war er immer der Bodyguard, der Spielmacher Jürgen Pommerenke den Rücken frei hielt, der mit seiner Pferdelunge zwischen den Strafräumen jeden Grashalm vermessen und dabei selten zu unfairen Mitteln gegriffen hat.

Schneller, pfiffiger, wendiger war der "Paule" und brachte es auf die beeindruckende Serie von 220 Oberliga-Punktspielen hintereinander. Ohne Sperren und Verletzungen. Ein Stehaufmännchen mit ehrlicher Arbeit und großem Kämpferherz, der nervenstark acht Jahre lang jeden Elfmeter im gegnerischen Tor versenkte.

"So einen haben die anderen gebraucht, der sie mitgerissen und angetrieben hat", weiß Heinz Krügel. Der jetzt 83-jährige Trainer hat seine "Magdeburger Bezirksauswahl" damals gegen die Besten der Welt wie Asterix gegen die Gallier geführt. "Die Kameradschaft und die gesunde Mischung im Team waren die Grundlagen für unseren sensationellen Sieg gegen den AC Mailand mit Riviera, Schnellinger und Trapattoni auf der Trainerbank", sagt Seguin. 5 000 DDR-Mark, drei Mal 25 Gulden Tagegeld und eine bevorzugte Zuteilung für einen Lada gab es für jeden Spieler.

"Lächerlich, wenn man sieht, was heutzutage über den Tisch geht. Aber damals war es schon eine Menge", weiß Seguin, der noch feuchte Augen bekommt, wenn er an die große Siegparty auf dem Alten Markt zurückdenkt. Später war er seinen Blau-Weißen nicht immer grün. 1981, als er im Herbst seiner Karriere zu Wismut Aue wollte, nicht durfte und zur BSG Motor Mitte musste. Oder 1991, als Seguin nach 18 Jahren beim Klub einen Probevertrag als Mannschaftsleiter für ein halbes Jahr erhalten sollte. Der treue "Paule" wurde arbeitslos, erinnerte sich an den Kaufmann Hans-Rainer Koziol aus Verden, den er in der Wendezeit kennen gelernt hatte. Mit ihm gründete er die Reinigungsfirma Seguin und Koziol, die einige Jahre später zur Seguin und Meseberg GmbH wurde. Der damals 46-Jährige lernte das Geschäft von der Pike auf. "Halb vier bin ich zu Hause los, habe bis Mittag geputzt, dann neue Kunden gesucht und abends mit dem Bruder die Rechnungen geschrieben. Es hat sich gelohnt", blickt Seguin stolz zurück.

Mit sechs Mann hatte er 1991 angefangen. Jetzt gehören rund 200 Angestellte zur Firma, "die immer pünktlich bis zum 15. ihr Geld bekommen", erklärt der Familienvater, der von Nordrhein-Westfalen bis tief nach Sachsen Baumärkte, Supermarkt-Ketten, Bürohäuser oder Fleischereien betreut. "Immer sauber und korrekt", wie er das SK in seinem Firmensignet übersetzt.

Jubiläumsspiel am Sonnabend, 13.15 Uhr, Grube-Stadion:

1. FC Magdeburg (1974) gegen DDR-Nationalelf (1974)