1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Volleyball - Frauen: Volleyball - Frauen: DVV-Auswahl plötzlich in Favoritenrolle

Volleyball - Frauen Volleyball - Frauen: DVV-Auswahl plötzlich in Favoritenrolle

Von Klaus Wegener 26.09.2003, 15:18

Ankara/dpa. - Hee Wan Lee ist ein vorsichtiger Optimist. «Ich würde nicht sagen, dass wir eine Superchance haben, aber wir haben eine gute Chance», sagte der Bundestrainer der deutschen Volleyballerinnen vor dem Europameisterschafts-Halbfinale am Samstag (15.30 Uhr) gegen Polen. Die Aussichten, dass die DVV-Auswahl ins Finale einzieht und damit erstmals seit dem dritten Platz 1991 in Italien wieder eine Medaille gewinnt, sind in der Tat vielversprechend. Das letzte Duell endete bei der Grand-Prix- Qualifikation im August mit einem 3:0-Erfolg Deutschlands.

Nach fünf Vorrunden-Spielen haben die Deutschen als einziges Team bei der 23. Europameisterschaft noch keine Partie verloren und sind als Gruppenerster aus dem Ankara-Pool ins Halbfinale eingezogen. Auch das Minuten lange Pfeifkonzert der 6000 Zuschauer in der Atatürk- Halle hatte die Spielerinnen am Donnerstag beim 3:2-Sieg über die Türkei nicht aus der Bahn geworfen: Nach fünf Sätzen standen sie als strahlende Siegerinnen auf dem Feld.

Im Halbfinal-Spiel steckt eine pikante Zusatznote. Trainer der polnischen Auswahl ist Andrzej Niemczyk, der Anfang der achtziger Jahre entscheidenden Anteil an der Entwicklung des Frauen- Volleyballs in Deutschland hatte. Niemczyk war Coach des SV Lohhof und bis 1989 Bundestrainer. Danach kämpfte er erfolgreich gegen eine Krebserkrankung an. In Ankara ist Niemczyk überaus beliebt, weil er mit Vakifbank Ankara zwei Mal die türkische Frauen-Meisterschaft gewann. Seit Jahresbeginn coacht er die polnische Auswahl, in der auch seine Tochter Malgorzata einen Stammplatz hat.

Im zweiten Halbfinale trifft die Türkei auf die Niederlande. Dass sich die Gastgeber mit den Holländerinnen messen müssen, löste in der deutschen Delegation allgemeine Zufriedenheit aus. «Die Niederlande sind zuletzt unser Angstgegner gewesen», sagte Götz Moser, Vizepräsident des Deutschen Volleyball-Verbandes. Die Runde der besten Vier bietet eine Konstellation, die vor der EM niemand erwartet hatte: Es fehlen Weltmeister Italien und Titelverteidiger Russland. Noch nie zuvor in der EM-Geschichte war 17fache Titelträger Russland ohne Medaille in die Heimat zurück gekehrt.

Russland und Italien sind damit auch nicht beim World Cup im November in Japan dabei, wo die ersten drei Olympia-Tickets vergeben werden. Von der Europameisterschaft dürfen der Titelträger und der Vize zum World Cup. Deutschland ist mit einer Wild Card unabhängig vom EM-Ausgang in jedem Fall dabei.

Vor zu großer Euphorie hat hingegen Deutschlands erfolgreichste Volleyballerin Maike Arlt gewarnt. «Es gibt zu wenige Spielerinnen mit wirklich leistungssportlicher Einstellung, die bereit sind, sich zu quälen», erklärte die 40-Jährige, die 1983 und 1987 mit der DDR Europameister wurde, in der «Berliner Morgenpost» (Freitagausgabe). Wenn Deutschland in der Türkei eine Medaille hole, wäre das für sie auf Grund der Schwäche der Bundesliga nur eine «Eintagsfliege».