Volkach Volkach: Kein Ruhestand für den Ratsherrn
Halle/MZ. - Als Leiter der Tourist-Information ging er gerade in den Ruhestand. Aber als Ratsherr muss er auch künftig noch oft das Glas erheben und viele Besucher in der "größten fränkischen Weinstadt des Universums" begrüßen.
Volkach liegt im Herzen des Fränkischen Weinlandes. Hier werden 40 Prozent des fränkischen Weines gekeltert. Der Main wird bei Volkach bockig und dreht sich fast im Kreise, weil er sich, wie die Volkacher sagen, dort am wohlsten fühlt. Der Fluss bildet so die Mainschleife, Frankens weinseligsten Winkel. Dessen Zentrum ist Volkach. Zwei Stadttore sind der Zugang zur Marktstraße mit altfränkischen Giebelhäusern. Das schönste Bürgerhaus, das spätbarocke Schelfenhaus, steht in einer Seitenstraße. Volkachs größte Sehenswürdigkeit aber liegt außerhalb der Stadtmauern auf dem Kirchberg. In der Wallfahrtskirche Maria im Weingarten ist eines der Spätwerke Tilman Riemenschneiders, die Madonna im Rosenkranz, zu bewundern.
Eine fotogene Kulisse bilden auf dem Volkacher Marktplatz ein Brunnen, eine schmucke Fachwerk-Fassade und das Renaissance-Rathaus mit der für Franken typischen doppelläufigen Freitreppe. Auf kaum einem Marktplatz in Deutschland wird derart viel gefeiert. Bis im Oktober die letzte Fuhre Wein dort anrollt, hat der Volkacher Ratsherr neben dem traditionellen Fränkischen Weinfest an manchem Wochenende Grund genug, sich mal wieder dienstlich ein Gläschen aus der Bocksbeutelflasche, dem Markenzeichen des Frankenweines, zu genehmigen.
Höhepunkt in diesem Jahr ist die 1 100-Jahrfeier am 17. und 18. Juni. Dann verwandelt sich Volkach in eine mittelalterliche Markt-Meile mit Händlern, Gauklern und Spielleuten. Und es wird das Stück vom Volkacher Lindwurm aufgeführt, einem Drachen, der einst im Stadtgraben lebte und von einem Schuster besiegt wurde.
Wenn bei der vielen Feierei mal der Ausdruck "Lump" fällt, dann sind keineswegs zwei Zecher in Streit geraten. Denn Escherndorfer Lump heißt eine der bekanntesten Weinlagen im Frankenland. Ansonsten gibt es Lagen wie Volkacher Ratsherr und Kirchberg, Escherndorfer Fürstenberg oder Sommeracher Katzenkopf in einer der sonnigsten und niederschlagärmsten Regionen Deutschlands.
Wo die Rebsorten Silvaner, Müller-Thurgau, Riesling, Scheurebe, Bacchus, Kerner oder Traminer reifen, das sieht man am besten vom Ausguck der Vogelsburg auf einem von der Mainschleife umkurvten Bergrücken. Wo einst eine Fliehburg der Kelten stand, wurde später ein Augustinerinnen-Kloster errichtet. Auf dessen Restaurant-Terrasse sitzt man heute gemütlich unter Kastanien und schaut hinab auf die Escherndorfer Weinhänge und hinüber nach Nordheim und Sommerach. Diese beiden Winzerorte liegen auf einer künstlich geschaffenen Insel. Da man den Mainschiffern den Beinahe-Kreisverkehr der Volkacher Schleife nicht zumuten wollte, wurde ein Kanal als Abkürzung gebaut. Mit der Mainfähre kommt man von Escherndorf zünftig nach Nordheim, Frankens flächenmäßig größte Winzergemeinde. Die eifrigsten Häcker, wie die Winzer in der Region heißen, und die hübschesten Mädchen soll es dort geben.
Erkunden lässt sich die Mainschleife auf Weinbergswanderungen, auf mehreren Rebsorten-Lehrpfaden, bei einer Dampfer- oder Floßfahrt und mit der von Mai bis Oktober verkehrenden Mainschleifenbahn. Gut einkehren kann man überall, z. B. im schönen Wirtsgarten der Hallburg, gediegen in der Volkacher "Schwane" oder urig in den schattigen Innenhöfen Nord-heims, wo u. a. ein Fisch namens Waller serviert wird. Ein Schnäpschen danach gehört dazu, schließlich erzählen die Nordheimer gern augenzwinkernd, dass es in ihrem Ort mit 1 000 Einwohnern immerhin 100 Schnapsbrennereien gibt.
Sehenswert auf der Insel sind auch die Astheimer Kartause mit dem Museum für christliche Bildgeschichte und der Weinort Sommerach mit altem Mauerring und historischen Bildstöcken in der Umgebung. Schon früh im Jahr lohnt sich übrigens die Anreise: Ende April beginnt bereits die Genießerzeit, denn die Mainschleife ist Bayerns zweitgrößtes Spargelanbaugebiet. Und der Obstgarten Frankens ist diese weinselige Ecke noch obendrein.