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«Versailles der Pferde»: Ein Gestüt mit Geschichte

Von Christian Röwekamp 08.05.2009, 07:36

Argentan/dpa. - «Workaholic» hat es gut: Er muss seinem Namen nicht mehr Ehre machen, sondern darf sein verdientes Gnadenbrot kauen. Der 27 Jahre alte Hengst hat dem französischen Nationalgestüt Haras du Pin in der Normandie eine Menge Geld eingebracht.

5000 Euro mussten Stutenbesitzer jedes Mal bezahlen, um eine Samenspende des American Trotter zu erhalten. Doch seit 2005 ist «Workaholic» als Deckhengst im Ruhestand. Gestütsführer Hervé Motas erzählt davon, dass Frankreichs Regierung für den Kauf des Pferdes einst umgerechnet eine Million Euro ausgegeben hat. Da staunen die Besucher - wie so oft an diesem außergewöhnlichen Ort.

Der Haras du Pin ist das älteste der gut 20 Nationalgestüte, die sich Frankreich leistet. Die Ställe stammen von 1715, das einem Schloss ähnliche Direktionsgebäude wurde 1730 vollendet. «Ludwig XIV. hat entschieden, dass hier das Gestüt eingerichtet wird», erzählt Motas. Wegen der Symmetrie und des Prunks der Bauten wird das Gestüt oft auch als «Versailles der Pferde» bezeichnet, in Anlehnung an das für Ludwig XIV. im großen Stil umgebaute Residenzschloss nahe Paris.

Eine Landschaft voller grüner Weiden und Wälder umgibt das Gestüt. Es liegt im Departement Orne, der nächstgelegene größere Ort ist Argentan. Doch trotz der abgeschiedenen Lage gibt es Tage, an denen die Parkplätze knapp werden: Jeden Donnerstag führen die rotuniformierten Gestütsmitarbeiter bei den «Jeudis du Pin» die Hengste vor. Da gibt es Springreiter-Darbietungen, eine Dressur- und Kutschshow vor der Kulisse der historischen Gebäude.

Von den 60 Zuchthengsten des Haras du Pin bleiben während der Decksaison von Februar bis Juli etwa 20 im Gestüt, die anderen werden auf verschiedene Standorte in der Normandie verteilt. Wer bei der Führung möglichst viele Pferde sehen möchte, plant seinen Besuch deshalb besser später im Sommer. Zu sehen gibt es Araberhengste, die als Arbeitspferde bekannten Percheron-Kaltblüter und andere Rassen. Viele Hengste haben eine Vergangenheit als Rennpferde.

Bei einem Rundgang bekommen Besucher unter anderem die Sattlerei zu sehen, auch zu den Kutschen geht es während der Tour. Sie stammen alle aus dem 19. Jahrhundert. Gegenüber der Remise liegt im Schatten hoher Bäume das Grab von «Furioso». Der Deckhengst war von 1946 bis 1967 hier zu Hause und ist der Vater von rund 300 Fohlen, von denen viele zu Berühmtheiten wurden. «Lutteur B» trug seinen Reiter Pierre Jonquères d'Oriola im Oktober 1964 in Tokio sogar zur olympischen Goldmedaille im Springreiten.

«Wir sind eine Samenbank mit viel Geschichte und einer schönen Architektur», sagt Hervé Motas am Ende seiner Führung. Wie lange die Zeiten weitergehen, in denen der französische Staat die Pferdezucht so aktiv unterstützt, ist allerdings unklar. Die Organisation der Nationalgestüte will im Sommer 2009 eine Neuausrichtung beginnen: Absehbar sei, dass «in den kommenden drei bis vier Jahren wohl einige Gestüte geschlossen werden», sagt Andrea Sölter von der Normandie-Tourismusorganisation in Deutschland. Die in der Normandie gelegenen Nationalgestüte - neben dem Haras du Pin noch das in Saint Lô - seien davon aber nicht betroffen.

Informationen: Association Haras du Pin Tourisme, F-61310 Le Pin-au-Haras, Telefon von Deutschland: 0033/2/33 36 68 68

Weitere Infos (französisch, englisch): www.haras-national-du-pin.com