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Usedom Usedom: Mit den Osterfeiertagen endet die Winterruhe

18.03.2003, 10:49

Ahlbeck/dpa. - Gemächlich schiebt der Kioskbetreiber an der Strandpromenade von Ahlbeck seine Souvenir- und Postkartenständer ins Freie. Die Kundschaft lässt jedoch auf sich warten. Wenige Tage vor Ostern hält sich der Andrang in dem Seebad im äußersten Osten Usedoms noch in Grenzen. Das ändert sich schlagartig am Gründonnerstag: Mit den Osterfeiertagen endet auf der Ostseeinsel vor der Küste Mecklenburg-Vorpommerns die Winterruhe. Die «Zimmer frei»-Schilder vor den Hotels und Pensionen sind über Nacht verschwunden. Und ein Strom von Spaziergängern schiebt sich die Strandpromenade entlang.

Während sich das Leben im Sommer um Strandkörbe und Sandburgen herum konzentriert, ist im Frühjahr mehr Bewegung angesagt. Bevorzugte Strecke der Urlauber, die in den so genannten Kaiserbädern Ahlbeck, Heringsdorf und Bansin wohnen, ist die Strandpromenade. Der nach der Wende restaurierte, rund acht Kilometer lange Weg ist mehr als eine bloße Verbindungsstrecke zwischen den drei Badeorten. Im Vorbeigehen lassen sich auf der Promenade die verschiedenen Epochen nachvollziehen, die die Seebäder seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert durchlebt haben.

Auf der Landseite bleibt der Blick hängen an aufwendig sanierten Villen in historischer Bäderarchitektur, die heute meist als Hotels oder Pensionen dienen. Zwischen bereits wieder in altem Glanz erstrahlenden Häusern stechen jedoch noch immer verfallene Gebäude ins Auge, an denen offenbar seit Jahrzehnten nichts getan wurde. An anderer Stelle wird dagegen der Boden ausgehoben für ein neues Luxushotel. Und dazwischen erheben sich nach wie vor einige Zeugnisse der sozialistischen Baukultur - etwa die Plattenbau-Hochhäuser am Seebrückenplatz von Heringsdorf. Einst ein Erholungsheim für verdiente Werktätige, wurde es nach dem Ende der DDR in ein Kurhotel und eine Reha-Klinik umgewandelt.

Eigenwillig ist aber auch die Architektur neueren Datums in Heringsdorf: Während die Seebrücke im Nachbarort Ahlbeck nach historischem Vorbild restauriert wurde, setzten die Heringsdorfer auf einen Neubau. Grau-silbern glitzert jetzt auf der mehr als 500 Meter in das Meer hinausragenden Seebrücke eine High-Tech-Pyramide, in deren Windschatten Urlauber die Frühlingssonne genießen können.

Von der Heringsdorfer Seebrücke aus legen aber auch bereits in der Nebensaison die «Butterschiffe» Richtung Swinemünde (Swinoujscie) in Polen ab. Mehrmals täglich gehen die Ausflugsdampfer auf Fahrt in das Nachbarland. An Bord werden jedoch statt Butter vor allem Alkohol und Zigaretten zollfrei verkauft.

Als ein Paradies für Zollfrei-Einkäufer gilt auch Kamminke, das ganz im Osten der Insel am Stettiner Haff liegt. Im Sommer verstopfen etliche Autos die schmale Straße in Richtung Hafen, von dem aus die Einkaufsschiffe nach Ziegenort (Trzebiez) in Polen abfahren. An Ostern kann sich der Besucher jedoch noch etwas verloren vorkommen. Verschlafen dümpeln ein paar kleine Fischerboote im Wasser, grau schlagen die Wellen gegen die Uferbefestigung.

Die Fischbude am Hafen hat zwar bereits geöffnet, wird aber nebenbei noch generalüberholt. Um die essenden Gäste herum wird ohne große Rücksichtnahme gewerkelt. Und auch sonst fällt der Umgang eher robust aus. Das Fischbrötchen etwa müssen sich die Käufer selbst zusammenbasteln: Den geräucherten Fisch gibt es nur im Ganzen, das Brötchen wird mit unbewegter Miene getrennt dazu gereicht.

Noch stiller ist es im Lieper Winkel, der in das so genannte Achterwasser im Hinterland der Insel hineinragenden Landzunge. Einst war diese Ecke Usedoms durch dichte Wälder und Sumpfgebiete von der Außenwelt abgeschnitten und nur per Boot zu erreichen. Heute führt eine schmale, von alten Bäumen gesäumte Allee dorthin, auf der nicht nur wegen Ausweichmanövern angehalten werden sollte.

Zu den Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zählt beispielsweise die «Suckower Sockeleiche», die mehr als 1000 Jahre alt sein soll. Obwohl inzwischen trotz verschiedener Befestigungsbemühungen Teile der Eiche abgebrochen sind, wirkt sie mit ihrem gewaltigen Stamm und der großen Krone nach wie vor beeindruckend.

Von Suckow aus führt die Straße über die Ortschaften Rankwitz und Liepe - wo die älteste Dorfkirche Usedoms steht - bis nach Warthe, das im äußersten Zipfel des Lieper Winkels direkt am Achterwasser liegt. Eingewachsen in Bauerngärten, in denen die ersten Frühlingsblumen blühen, ducken sich hier romantische kleine Katen unter ihren Rohrdächern. Vom Dorf aus führt ein Wanderweg entlang am Ufer, das mit seinem dichten Schilfbewuchs, den alten Weidenbäumen und durch seine Abgelegenheit wie verwunschen wirkt.

Stille Wanderrouten finden sich aber nicht nur in den entlegenen Gegenden Usedoms, sondern auch in unmittelbarer Umgebung der Badeorte. Von Bansin aus etwa führt in Richtung Ückeritz ein Wanderweg direkt an der Steilküste entlang. Mal höher, mal niedriger über dem Meer geht es durch den zu dieser Jahreszeit noch lichtgrünen Wald, in dem bis auf das Klopfen eines Spechts und Blätterrauschen nichts zu hören ist. Immer wieder gibt der Wald den Blick auf den Strand frei - an dem die ersten mutigen Urlauber den Sommer proben und leicht bekleidet in ihren Sandburgen die Frühlingssonne genießen.