USA USA: Wo der Wilde Westen noch lebendig ist

San Angelo/dpa. - Eine Wolke feinen Staubes liegt über Fort Concho. Schwitzend exerziert unter der brennenden Sonne von Texas Kavallerie in blauen Uniformen. Befehle hallen über den Platz, Pferde wiehern, Zaumzeug klirrt, Säbel blitzen im Licht. Um den Rasen des Exerzierplatzes herum liegen die alten Steingebäude des Forts. Es sind Hobby-Kavalleristen, die hier gerade in voller Ausrüstung gedrillt werden. Und so fällt es nicht schwer, sich zurückzuversetzen ins Jahr 1870, als sich an dieser Stelle Reiter im gleichen blauen Rock zum Kampf gegen Indianer versammelten. Fort Concho liegt in der Stadt San Angelo und sieht noch fast genauso aus wie vor gut 130 Jahren.
Hunderttausende Siedler strömten seinerzeit in den amerikanischen Westen. Diese Pioniere verdrängten mit Gewalt die Indianerstämme aus ihrem Lebensraum. Da sich die Indianer wehrten, musste die Armee für Schutz sorgen. Von 1848 bis 1900 wurden allein in Texas 44 größere Militärposten gebaut. Zentrale Bedeutung hatte dabei eine Kette von acht Kavallerie-Forts, nach deren Spuren heute Touristen während einer Rundreise suchen können. Manche Forts sind verschwunden, andere liegen in Ruinen. Doch etliche sind auch gut erhalten, stehen unter Denkmalschutz und werden als Symbole texanischer Geschichte gehegt.
Fort Concho ist das am besten erhaltene Fort der Region. Baracken und Offiziersquartiere können besichtigt werden, ebenso das Wachhaus und das Hospital, die Poststelle und die Schule. Viele Gebäude sind innen zu kleinen Museen geworden, mit Möbeln und Gegenständen aus der aktiven Zeit des Forts, den Jahren 1867 bis 1889. Man sieht Waffen und Musikinstrumente, Uniformen und Arztkoffer, Bücher und Geschirr.
Fort Concho ist vor allem aus zwei Gründen in so gutem Zustand: Die Stadtväter von San Angelo erkannten rechtzeitig, dass ihr Fort ein Stück regionaler Identität darstellt und Besucher anlockt. Zudem sind viele US-Bürger fasziniert von ihrer eigenen Geschichte: Es gibt ungezählte Clubs, die sich mit Pflege der Vergangenheit befassen. In großen «Civil War Reenactments» etwa stellen jedes Jahr Tausende von kostümierten Hobbysoldaten einzelne Bürgerkriegsschlachten nach.
Idealer Start- und Zielpunkt für eine Rundreise entlang der Forts ist die Großstadt Fort Worth mit dem Flughafen Dallas/Fort Worth. Die historischen Stockyards - die Viehhöfe der Stadt - sind heute ein buntes Western-Viertel mit Cowboybars, Steakhäusern und Rodeoshows. Besucher können mit einer alten Dampfeisenbahn fahren und sich in den Geschäften mit Boots und Stetson-Hüten ausstatten. Zwei Mal täglich treiben echte Cowboys außerdem eine staubende Herde riesiger Longhorn-Rinder die Hauptstraße der Stockyards entlang.
Der Armeeposten Fort Worth wurde 1849 westlich des damals noch kleinen Ortes Dallas eingerichtet. Doch er lag schon bald weit hinter der Verteidigungslinie und wurde 1853 wieder aufgegeben. Wie bei vielen Armeeposten war um das Fort herum jedoch eine Siedlung mit Handwerk, Läden und Saloons gewachsen. Der Ort blieb bestehen, denn wenige Jahre nach dem Abzug der Armee begann in Texas die Zeit der großen Viehtriebe. Über den «Chisholm Trail», der durch Fort Worth führte, wurden Millionen von Rindern aus dem Süden zur Bahnstation in Kansas getrieben und von dort in den Norden und Osten verfrachtet.
Weitere Forts, die während einer Texas-Rundreise besucht werden können, sind Fort Richardson bei Jacksboro, Fort Griffin bei Albany, Fort Phantom Hill nahe Abilene und Fort McKavett. Eine solche Reise bietet sich am besten im Frühling oder Herbst an, denn der Sommer wird hier sehr heiß. Wer genug Zeit hat, kann zudem einen Besuch im Naturpark Big Bend in Südwest-Texas einplanen. Auf dem Weg dorthin sind zwei sehr gut erhaltene Forts zu finden: Fort Stockton und Fort Davis. Big Bend gilt noch immer als ein Geheimtipp für USA-Reisende: Er ist einer der am wenigsten besuchten Nationalparks des Landes.