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USA USA: Shows locken Millionen ins ländliche Missouri

Von Jörg-Michael Dettmer 20.07.2004, 13:07
Branson bietet viel für Touristen. (Foto: dpa)
Branson bietet viel für Touristen. (Foto: dpa) Branson Lakes Area Chamber of Commerce

Branson/dpa. - Wer auf dem State Highway 65 von Springfield aus in Richtung Süden fährt, bemerkt aber noch etwas anderes: riesige, bunte Schilder, die das hübsche Landschaftsbild beeinträchtigen. Alle weisen auf das gleiche Ziel hin: Branson, eine Mischung aus Bergdorf, Nashville und Las Vegas, aus Hollywood und Hinterwäldlercharme, Musik und Kitsch.

Branson hat nur etwa 6000 Einwohner, doch inzwischen machen hier pro Jahr mehr als sieben Millionen Besucher Station. Die meilenlange Main Street ist das Herz des Ortes, eine laute und bunte Attraktion mit Neonreklamen und Glitzerpalästen. Die zwei Fahrstreifen sind zu den meisten Tages- und Nachtzeiten hoffnungslos verstopft. Hier fährt der Branson-Tourist mit dem Auto gen Westen, bis der Ort zu Ende ist. Dann geht es zurück zum Highway, bis man alles gesehen hat. Und das kann Stunden dauern.

«Zur Zeit haben wir 110 Shows in 46 Theatern», sagt Ross Summers von der örtlichen Handelskammer. Branson bietet mehr als 200 Hotels und Motels mit 17 600 Zimmern, dazu 412 Restaurants aller Art. Die meisten dieser Gebäude liegen im Zentrum des Ortes. Mit seinen rund 56 000 Sitzplätzen in Musik- und Showtheatern hat Branson deutlich mehr Plätze als New Yorks Broadway. Die Besucher lassen im Jahr umgerechnet rund 1,37 Milliarden Euro in der Region. Kein Wunder, dass Branson weiter wächst und noch bunter und noch verrückter wird.

Neben Country-Musik bietet Branson heute Musik aller Art, von Blues und Gospel, Bluegrass und Pop, Big Band und Swing bis zu Rock'n'Roll. Zu den Showstars, die hier immer wieder auftreten, gehören die Osmonds, Tony Orlando, die Gatlin Brothers und die Oak Ridge Boys. Dazu kommen Gastkonzerte von Interpreten wie Tony Bennett, den Beach Boys, Moody Blues, Loretta Lynn und Merle Haggard. Auch Comedy, Magier-Shows oder Tanz werden geboten. Die Musiker sind überwiegend als «ehemalige Stars» einzustufen. Das Durchschnittsalter der Besucher, die aus allen Teilen der USA nach Branson anreisen, liegt denn auch bei 56 Jahren.

Seit vielen Jahrzehnten spielten lokale Entertainer in Branson ihre Country-Musik. Der Boom begann dann im Jahr 1987, als sich der in den USA bekannte Sänger BoxCar Willie in Branson niederließ, ein Theater kaufte und regelmäßig auftrat. Andere Stars folgten bald, und Branson begann, sich in eine Show-Stätte zu verwandeln.

«Wir sind nicht etwa ein lautes Vergnügungszentrum, sondern eher familienorientiert», sagt Jennifer McCullough von der Handelskammer. «Bei uns kann man sich ausruhen. Und hier findet man noch eine ganz ursprüngliche Gastfreundschaft, die tief verwurzelt ist». Auch die Natur hat viel zu bieten: In den Ozarks können Touristen noch Adler, Rehwild, Kraniche und Truthähne sehen. Ganz in der Nähe von Branson liegen drei malerische Bergseen: Table Rock Lake, Lake Taneycomo und Bull Shoals Lake. Dort kann man angeln und schwimmen, tauchen und mit dem Jetski fahren. Die Wälder bieten Wanderwege, und zu den weiteren Sportmöglichkeiten gehören Reiten und Golf.

Es gibt in Branson zudem einen Freizeitpark mit Achterbahnen und einen Wasserpark mit Rutschen und Wasser-Spielplätzen. Auf einer altertümlichen Luxus-Eisenbahn aus den vierziger Jahren können die Gäste die Gegend erkunden. In «Dolly Partons Dixie Stampede Theater» werden in einer Western-Show echte Bisons gejagt. Und wo sich Musik und Kommerz treffen, dürfen natürlich Einkaufszentren nicht fehlen.

Branson ist rund um die Uhr geöffnet, das ganze Jahr hindurch. Die Hauptreisezeit ist der Sommer, aber auch im Herbst und zu Weihnachten sinkt die Besucherzahl nur wenig ab. Die Touristen reisen zumeist im eigenen Auto, aber auch mit Reisebussen an und bleiben laut Handelskammer im Durchschnitt knapp vier Tage vor Ort.

Branson wächst weiter: Neubauten mit neuen Theatern, Nobel-Hotels und exklusiven Kurstätten entstehen. Es bleibt allerdings die Frage, ob der einzigartige Ort neben der Welt der Glitzershows und der Massenunterhaltung seinen Charakter als kleines Bergdorf mit Charme und einer wohlmeinenden Gastfreundschaft auch künftig erhalten kann.