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Trampolinspringen Trampolinspringen: Ein Coach macht Karriere

Von Thomas Schaarschmidt 01.01.2004, 15:39

Dessau/MZ. - Die Frage hieß: Frankfurt oder Belgien? Unter Vorgaben arbeiten oder das letzte Wort selbst besitzen? Sechs Stunden Heimfahrt oder ein Umzug ins Ausland? Für Jörg Hohenstein eine schwierige Entscheidung.

Doch zu welcher der beiden Alternativen er sich auch entschließen sollte, eines stand fest: Sein Leben würde sich ändern. So oder so. Was gestern noch ein ausgedehntes Hobby gewesen ist, sollte schon morgen sein Beruf sein.

Jörg Hohenstein ist kein sentimentaler Mensch. Er war es nicht, als er vor über zehn Jahren mithalf, den Trampolinsport in Dessau aufzubauen. "Ich habe gespürt, dass man in dieser Sportart in dieser Stadt schnell an die Spitze gelangen kann", sagt er trocken. Er war nicht sentimental, als im Jahr 2000 sein Verein, der VfL 96 Dessau, das erfolgreiche Gastspiel der Trampolinauswahl in der ersten Bundesliga jäh beendete. "Schöne Zeit, schöne Sache", urteilt er heute über die Mannschaft, die er als Trainer zur viertbesten des Landes machte.

Schon damals wurde man deutschlandweit auf seine Fähigkeiten in der aufstrebenden Sportart Trampolinspringen aufmerksam. Während er als Sportlehrer an der Sekundarschule Zoberberg in Dessau arbeitete, sah man sein Gesicht bei nahezu allen nationalen und internationalen Veranstaltungen als Betreuer deutscher Teams. Er verfolgte den Weg der ehemaligen 96er weiter, hielt Lehrgänge in ganz Europa ab. Und doch war da ein gewisser Abstand zum Trampolin. Ein mentaler. "Der war einfach nötig", erinnert sich Hohenstein. Anfang 2003 aber forderte der belgische Verband Hohensteins Ehrgeiz heraus: Das kleine Nachbarland wollte den Dessauer als Cheftrainer gewinnen.

Hohenstein dachte nach. Sehr genau. Und freundete sich mit dem Gedanken an. "Doch dann kam auf einmal der deutsche Verband." Der hatte von dem Angebot aus Belgien erfahren und legte nun selbst eines vor: Nachwuchsbundestrainer in Deutschland. "Die Familie hat sich das nicht leicht gemacht", denkt Hohenstein ein halbes Jahr zurück. Und obwohl ihn die Aufgabe im Ausland reizte und er Angst hatte, beim Deutschen Trampolin Bund (DTB) nicht alle seine Vorstellungen umsetzen zu können, fiel der Entschluss: Frankfurt am Main. Der Vertrag begann am 1. September 2003, Hohenstein wurde für zwei Jahre vom Schuldienst freigestellt. "Dafür bin ich sehr dankbar, sonst hätte ich es nicht gemacht."

Heute, vier Monate nach Dienstbeginn, ist Hohenstein zufrieden mit seiner Entscheidung. "Das Korsett beim DTB ist sehr weit für mich." Sein Büro, sechs Stunden von der Heimat entfernt, benutzt er unregelmäßig, oft besucht er Lehrgänge oder schaut sich Bundesliga-Begegnungen an. Zuhause in Dessau ist er selten, manchmal drei bis vier Wochen nicht. "Aber jetzt im Winter ist es zum Glück nicht so arbeitsreich." Seine Frau und der acht Jahre alte Sohn danken es.

Dass er den Job beim DTB gern über das vertragliche Ende am 31. Dezember 2004 hinaus weiterführen will, verhehlt er nicht. "Aber zunächst muss ich mich beweisen." Im Juni 2004 steht die Jugend-EM an, dort zählen Ergebnisse. Vielleicht fährt er auch zu Olympia, wo die ehemalige VfL-Springerin Katarina Prokesova ihren großen Auftritt haben wird.

"Obwohl wir sicher immer nur eine Randsportart bleiben, ist das Trampolinspringen stetig im Aufwind", meint Hohenstein. Und das gilt in gewisser Weise auch für ihn selbst. Das nächste Auslandsangebot kommt bestimmt.