Tour de France Tour de France: Letztes Duell mit dem «Tourminator» aus Amerika
Fromentine/Halle/MZ. - Doch alles dafür zu geben, reicht offenbar nicht aus. Nicht beim "Tourminator" Lance Armstrong. Dessen Leidensfähigkeit und ein sich in Radfahr-Triumphen ausdrückender Überlebenswillen nach seinem Sieg über den Krebs befähigte ihn, Schmerzgrenzen zu übertreten, die wahrscheinlich für die Ullrich und Co. nicht zu überwinden sind.
Es sind höchstens die kleinen Dinge, die einen Armstrong kurzzeitig straucheln lassen können. Wie vor fünf Tagen beim Training bei Nizza eine Wespe, die sich nicht verscheuchen ließ wie die Rad-Rivalen mit einem schnellen Antritt. Den Texaner brachte das Insekt aus dem Gleichgewicht. Bei 30 Stundenkilometern knallte er auf den Asphalt. Doch die Schürfwunden, die er morgen zum Start der 92. Tour de France, dem 19 Kilometer langen Einzelzeitfahren im Atlantikort Fromentine, mitbringen wird, sind für den Sieges-Kannibalen nicht der Rede wert.
2003, als Ullrich am Ziel in Paris mit 1:01 Minuten den geringsten Rückstand zu dem Amerikaner aufwies, war Armstrong trotz seines aus einem schlimmen Sturz vor der Frankreich-Rundfahrt resultierenden Becken-Schiefstand von seinen Gegnern nicht zu verwunden. Dank Armstrong muss der einstige Siegertyp Ullrich mit dem Ruf des "ewigen Zweiten" leben. Als es ihm 1997 als erstem Deutschen gelang, die Tour de France zu gewinnen, kurierte Armstrong gerade seine Krankheit aus.
Nun bietet sich Ullrich im fünften Versuch die letzte Chance, den Perfektionisten und mit allen Wassern gewaschenen Taktiker vom Thron zu stoßen. Spät, erst Mitte Februar, hatte sich Armstrong entschieden, für sein neues Team Discovery Channel noch einmal die Tour de France zu fahren. Die Rundfahrt wird sein letztes Rennen als Radprofi sein - "mein Entschluss steht zu mehr als 100 Prozent fest". Vor dem nahenden Karriere-Ende sagte er: "Die Tour ist ein einzigartiges Rennen. Sie ist das Rennen, das ich am meisten liebe."
Jan Ullrich läuft die Zeit davon. "Lance beim letzten Duell schlagen zu können, hat mich in der Vorbereitung noch mehr angespornt", meint der Kapitän des Teams T-Mobile. "Die Tour ist schon eine tolle Sache, aber den Mann zu besiegen, der sechs Jahre dominiert hat, wäre die Krönung." Dafür hat er sich in geheimem Training eine höhere Trittfrequenz angeeignet. In den Bergen enteilte Armstrong oft mit leichtem Tritt, während Ullrich schwerfällig hinterher stampfte. Bis zum letzten Jahr trat der Deutsche stur seine 70 Umdrehungen pro Minute. Jetzt schafft er 90.
Das ewige Duell der beiden hat die Namen anderer Tour-Mitfavoriten unverdientermaßen in den Hintergrund gedrängt: wie den italienischen Vorjahres-Dritten Ivan Basso, Ullrichs Teamgefährten Alexander Winokurow, die Spanier Alejandro Valverde und Roberto Heras oder die US-Amerikaner Levi Leipheimer - vom deutschen Team Gerolsteiner - und Floyd Landis.
Es wäre nicht Armstrong, wenn er sie nicht alle im Blick hätte. Er will zum siebten und letzten Mal als Rad-Kaiser über den Pariser Prachtboulevard Champs Elysées promenieren. Und wie die Dinge liegen, scheinen die Aussichten dafür bestens zu sein.
