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Tennis Tennis: Elektronisches «Hawk-Eye» umstritten

Von Andreas Bellinger 23.03.2006, 15:40

Miami/Hamburg/dpa. - Wenn das Auge des Schiedsrichters getrübtist, soll das elektronische «Hawk-Eye» für Klarheit auf demTennisplatz sorgen. Der vom englischen Experten für künstlicheIntelligenz, Paul Hawkins, entwickelte Videobeweis, «Hawk-Eye»(Falkenauge) genannt, hat beim Tennisturnier in Key Biscayne seineFeuertaufe bestanden. Zwei Mal wurde die neue Regel, die in derTennis-Szene mit Frust und Freude aufgenommen worden ist, von JameaJackson am Mittwochabend (Ortszeit) im Eröffnungseinzel gegen AshleyHarkleroad (beide USA) in Anspruch genommen. Beide Male zeigte sichallerdings, dass die Entscheidung des Referees die Richtige gewesenwar.

«Ich wollte die Erste sein, die von dieser Regel Gebrauch macht.Ich wollte Geschichte schreiben», sagte die 19-Jährige, die trotz deserfolglosen Einspruchs die Partie gewann. Zwei Mal pro Satz haben dieTennisprofis zunächst bei den Testturnieren die Gelegenheit,strittige Entscheidungen anzufechten. Im Tiebreak kommt eine weiterehinzu. Ist der Protest erfolgreich, hat der Spieler weiterhin zweiEinspruchsmöglichkeiten; ist er unberechtigt, bleibt nur noch einer.

Insgesamt acht Kameras tasten die Linien ab und sorgen mit einerGenauigkeit von plus/minus vier Millimetern für Genauigkeit. DieEntscheidung wird via Videoleinwand vor den Augen der Zuschauergetroffen. Insgesamt 100 000 Dollar kostet die Computeranlage dieVeranstalter pro Platz. Allerdings sind nur die beiden Hauptplätzeverkabelt, was einer der Gründe für die teils heftige Kritik aus demKreis der Topspieler ist. Die Regeln sollten für alle Plätze und füralle Spieler gelten, schimpfte beispielsweise Marat Safin.

Der «Heißsporn» aus Russland, der nach durchlittenen Fehl-Entscheidungen so manchen Schläger zertrümmert hat, ist einer derentschiedensten Gegner der neuen Technik. «Das wird das Spielzerstören. Eine idiotische Idee», sagte der Australian-Open-Siegervon 2005. Nicht weniger drastisch fällt Roger Federers Ablehnung aus:«Das ist reine Geldverschwendung. Da wird ein Aufwand betrieben, umEntscheidungen zu korrigieren, die sich im Laufe eines Matches, einesTurniers und einer ganzen Saison sowieso ausgleichen», meinte derWeltranglisten-Erste aus der Schweiz.

«Das System arbeitet prima und ohne Störungen», sagte AngieCuningham von der Spielerinnen-Organisation WTA. Arlen Kantarian, derChef der US Open, die das System als erstes Grand-Slam-Turnier imHerbst einsetzten wollen, spricht sogar von einer «Revolution». ATP-Chef Etienne de Villiers ist überzeugt, dass «die dauernden Irrtümer»damit beseitigt werden. Auch Andre Agassi ist wie Altmeister JohnMcEnroe, der den Videobeweis als TV-Kommentator schon lange schätzt,von den Vorzügen überzeugt. «Es ist eine gute Sache und wird demTennis eine ganz neue Dimension eröffnen.»

Am Hamburger Rothenbaum werden die Computer nicht ausgepackt, wennvom 13. bis 21. Mai die bedeutende Masters-Serie in der HansestadtStation macht. «Das System wird am Rothenbaum zum jetzigen Zeitpunktnicht zum Einsatz kommen», sagte Turnierdirektor Walter Knapper derdpa am Donnerstag. «Hamburg zählt nicht zu den Testturnieren.» Dieimmense Investition würde sich aber auch nicht sonderlich lohnen,weil «der Ballabdruck auf Sand jederzeit überprüft werden kann.»