Suchkind 312
Hamburg/dpa. - Sie ist nicht nur «Die Landärztin» oder die Heldin vieler Heimatfilme und romantischer Komödien. Seitdem Schauspielerin Christine Neubauer vornehmlich die Rollenangebote aus dem Haus der eng mit der ARD kooperierenden Produktionsfirma Ziegler Film annimmt, mehren sich ihre Auftritte in historischer Umgebung.
Neubauer, 45 Jahre alt, war bereits «Die Frau des Heimkehrers» und «Die Erntehelferin». Jetzt spielt die Münchnerin die Hauptrolle in dem ARD-Drama «Suchkind 312», das nach der gleichnamigen Buchvorlage des ehemaligen «Hörzu»-Chefredakteurs Eduard Rhein entstand und an diesem Freitag um 20.15 Uhr in der ARD zu sehen ist.
In dem Film spielt Neubauer eine Frau, die ihre Tochter in den Wirren gegen Ende des Zweiten Weltkriegs verlor. Nach dem Krieg glaubt Ursula Gothe kaum noch daran, ihr Kind wieder zu finden. Der dazu gehörige Vater, mit dem sie nicht verheiratet war, ist für gefallen erklärt worden. So hat Ursula eine neue Existenz aufgebaut. An der Seite des aufstrebenden Ingenieurs Dr. Richard Gothe (Oliver Stritzel) verläuft das Leben in der Nachkriegszeit endlich wieder in geregelten Bahnen. Sie bewohnen ein schönes Haus, er plant die Karriere, sie ist wieder Mutter geworden.
Die Eintracht gerät ins Wanken, als Ursula in einer Illustriertenanzeige im «Suchkind 312» ihre totgeglaubte Tochter Martina wiederentdeckt. Ursula ist fassungslos vor Freude, hat aber auch große Angst. Richard steht kurz vor der Beförderung zum Fabrikdirektor und will nicht wegen eines unehelichen Kindes in Verruf geraten. In dieser schwierigen Situation tritt auch noch der leibliche Vater Achim (Timothy Peach) in Ursulas Leben. Ursula steht vor einer schweren Entscheidung: Soll sie alles so belassen, wie es ist, oder soll sie ihre Ehe für das Glück mit Achim und Martina aufs Spiel setzen?
Für ARD-Programmdirektor Günter Struve reiht sich das Nachkriegsdrama nahtlos in die Reihe der historischen Stoffe wie «Die Flucht» und «Die Frau vom Checkpoint Charlie» ein. Neubauer, demnächst im November wieder als «Die Landärztin» zu sehen, spielt ihre Rolle für ihre Verhältnisse recht steif, wenig beweglich, den Verhältnissen der 50er Jahre angepasst, «in jeder Pore die Enge und das Korsett spürend, mit dem die Frau leben muss», wie Neubauer sagt. Lange Zeit sieht es so aus, als gehe sie aus der Geschichte als Verliererin hervor. Doch zum Schluss wird alles ganz anders - deutlich anders jedenfalls als im Roman «Suchkind 312».
Der 1954 erschienene Roman wurde bereits 1955 von Gustav Machaty verfilmt. Kritiker bemängelten bei der Neufassung die zum Teil nicht detailtreue Abbildung der frühen fünfziger Jahre: Die Bahn fährt bereits mit Strom betrieben durch den Film, obgleich die Elektrifizierung noch bevorstand. Auch das Haus, in dem die Gothes wohnen, ist ein üppiges Einfamilienhaus, wie sie erst ab Ende der sechziger Jahre entstanden.
Neubauer, selbst Mutter eines Sohnes, engagiert sich privat für die Kinderhilfsorganisation Save the Children. Im Anschluss an das «Suchkind 312» sendet die ARD die Dokumentation «Wo ist meine Familie?» von Florian Huber über die Vermissten des Zweiten Weltkrieges. 16 Millionen Deutsche werden nach dem Zweiten Weltkrieg beim Suchdienst des DRK als vermisst gemeldet. In dem Film geht es um die kleine Annelore Backschies und ihren Bruder Klaus, die bei der Flucht aus Ostpreußen von der Mutter getrennt werden. Was die Eltern nicht wissen: Die Kinder leben in einem Waisenhaus in Mecklenburg. Nach fünf Jahren im Heim werden sie plötzlich auf die Reise zu ihren leiblichen Eltern geschickt.