Finanzen Steuerzahlerbund rügt Ausgaben für Fischtreppe
Jedes Jahr schaut der Bund der Steuerzahler, wie zielgenau öffentliche Gelder eingesetzt werden. Kommunen und Land wirft die Organisation in mehreren Beispielen Verschwendung vor.
Magdeburg - Der Bund der Steuerzahler hat am Dienstag fünf „Verschwendungsfälle“ aus Sachsen-Anhalt präsentiert, bei denen Steuergelder aus seiner Sicht unzureichend eingesetzt werden. Die Organisation kritisiert in ihrem Schwarzbuch die Ausgaben für eine Fischtreppe in Dessau-Roßlau, für Park-Sanduhren in Wittenberg und einen Brückenbau in Gräfenhainichen. Auch das Land muss wegen einer Abfindung an eine ehemalige Lotto-Geschäftsführerin und für Investitionen in die Luca-App Kritik einstecken.
Fischtreppe in Dessau-Roßlau: Im Jahr 2014 wurde am Dessauer Wehr für rund fünf Millionen Euro eine Fischaufstiegsanlage geplant. Schon damals meldete ein Umweltverband Bedenken an. Letztlich kostete die Fischtreppe sogar 7,9 Millionen Euro - sie soll aber nicht richtig funktionieren. Es sollen Planungsfehler und bauliche Defizite vorliegen. Laut einem Gutachten haben im Frühjahr 2019 weniger Fische die Fischtreppe passiert als unter optimalen Bedingungen zu erwarten gewesen wäre. Zudem muss die Anlage manuell bedient werden, was Personal bindet. Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz weist die Kritik zurück, der Steuerzahlerbund kritisiert die Kosten jedoch als zu hoch. „Der eingeschränkte Nutzen ist aus Sicht der Steuerzahler bei einem solch millionenschweren Aufwand nicht akzeptabel.“
Park-Sanduhren in Wittenberg: In Wittenberg sollte die noch fehlende „Brötchentaste“ an Parkscheinautomaten übergangsweise durch eine Sanduhr mit einer Laufzeit von 15 Minuten ersetzt werden. Doch das ging schief: Die Sanduhren, die die Stadt für fast 11.000 Euro erworben hatte, funktionierten nicht einwandfrei. „Mit über fünf Minuten weniger weicht die Ablaufzeit der meisten Sanduhren außerordentlich stark von den angedachten 15 Minuten ab“, gestand die Stadt ein. Gegenüber dem Lieferanten wurde der gesetzliche Nacherfüllungsanspruch durchgesetzt. Der überprüfte die ersten Sanduhren und gab sie zurück. Ob der angestrebte vollständige Verkauf der Park-Sanduhren gelingt, ist offen. Der Bund der Steuerzahler kritisiert, es sei wenig nachvollziehbar, warum im digitalen Zeitalter noch getestet werde, „ob Sanduhren richtig rieseln und ob sie von Autofahrern angenommen werden. So entstand unnötiger Aufwand für alle Betroffenen.“
Brückenbau in Gräfenhainichen: Zwischen Gräfenhainichen und Jüdenberg wird auf der B107 seit Oktober 2020 eine Brücke als Ersatzneubau errichtet. Die Baukosten liegen bei etwa 1,5 Millionen Euro. Statt einer Brücke hätte es auch ein unbeschrankter Bahnübergang getan, meint die Organisation. „Es bleibt daher der Eindruck, dass nur aus Gewohnheit - dort, wo eine Brücke war, soll nun eine neue errichtet werden - gehandelt wurde.“ Angesichts des erheblichen Bedarfs an Straßen und Brückensanierungen hätte das Geld an anderer Stelle sinnvoller eingesetzt werden können.
Abfindung der Lotto-Geschäftsführerin: Im September 2020 wurde die Lotto-Geschäftsführung abberufen und die Gehaltszahlungen eingestellt, obwohl der Vertrag der Geschäftsführerin noch eine Laufzeit bis zum Jahr 2022 hatte. Die Geschäftsführerin klagte gegen ihren Rauswurf. Der Rechtsstreit ist inzwischen außergerichtlich beigelegt worden. Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart. Die Gesamtforderungen sollen sich laut Steuerzahlerbund auf bis zu 260.000 Euro belaufen haben. Es sei zu erwarten, „dass ein Großteil der geforderten Beträge gezahlt werden wird.“ Der Bund der Steuerzahler kritisiert: Der Rauswurf sei wegen der Versäumnisse zwar nachvollziehbar, die juristischen Fehleinschätzungen und die daraus resultierenden Nachzahlungen seien dagegen „ungeheuerlich und nicht akzeptabel“. Der finanzielle Verlust für das Land wiege schwer, „weil Zahlungen ohne Gegenleistungen erfolgen und erhebliche Beträge für Gerichte, Anwälte und sonstige Kosten dazukommen“.
Luca-App: Für die Luca-App hat das Land im Frühjahr 2021 eine Million Euro bereitgestellt. Die App soll bei der Nachverfolgung von Infektionsketten des Coronavirus helfen. Die Papierberge aus Gaststätten und von Händlern sollten Vergangenheit sein. Doch die Luca-App wird von den Gesundheitsämtern nur wenig genutzt. Bei Großveranstaltungen wird zudem häufig auf die App verzichtet. „Die Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Beschaffung der Luca-App überwiegen gegenüber dem Nutzen“, kritisiert der Steuerzahlerbund. „Es bleibt der Eindruck, dass öffentliche Mittel übereilt vergeben und unnötige Vorauszahlungen geleistet wurden.“