Spielerberater Spielerberater: Branche gerät in Verruf
Düsseldorf/dpa. - Die Vereine verurteilenzwar öffentlich die Abzockermentalität der ungeliebten Vermittler,sitzen aber im selben Boot und machen sich zum großen Teil gemein mitder Branche. Nationale und internationale Fußball-Verbände bekommenden Wildwuchs der wegen der explodierenden Honorare in Verrufgeratenen Szene nicht in den Griff. Und innerhalb der Branche ist manangesichts des zunehmenden Konkurrenzdrucks und der öffentlichenAnklagen zerstritten.
«Die Branche genießt einen schlechten Ruf, und das ist auchrichtig so», erklärt Jörg Neubauer. Wie Roger Wittmann mit seinerFirma «Rogon» und der von Lars-Wilhelm Baumgarten geführten Agentur«Stars & Friends» gehört Neubauer zu den größten, einflussreichstenund als seriös geltenden Spielerberatern in Deutschland.
Baumgarten ist lizenzierter Spielerberater und Schatzmeister der2007 gegründeten Deutschen Fußballspieler-Vermittler-Vereinigung(DFVV). Er und seine 52 Kollegen bei «Stars & Friends» agiereneuropaweit. Baumgarten sagt den zwielichtigen Gestalten der Brancheden Kampf an. «Es gibt zu viele schwarze Schafe, ganz klar», betonteer im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Es gibt Leute,die sind nur auf das schnelle Geld aus. Denen muss man das Handwerklegen. Wir haben die DFVV gegründet, um von dem Hinterstübchen-Imagewegzukommen.» Als Rechtsanwalt braucht Neubauer keine Agenten-Lizenzdes Weltverbands FIFA, der in seinen Statuten seit dem 1. Januar 2008verbindliche Regelungen für die Berater- und Vermittlertätigkeitverankert hat.
Laut Holger Hieronymus, dem stellvertretenden Geschäftsführer derDeutschen Fußball Liga (DFL), müssen die FIFA-Vorgaben bis zum 31.Dezember 2009 von den Mitgliedsverbänden umgesetzt werden. «Wirarbeiten derzeit mit dem DFB und der DFVV an Inhalten, um hier klareRegelungen zu schaffen. Das ist auch dringend erforderlich, weil esso nicht weiter gehen kann», sagte Hieronymus der dpa am Freitag. «ImMoment ist es fast unmöglich, unseriösen und nicht-lizenziertenBeratern auf die Schliche zu kommen. Wir beschäftigen ja keineDetektive», erläuterte Hieronymus: «Manchmal ist den Clubs einTransfer wichtiger als die Lizenz des Spielerberaters.»
Der DFL und dem Deutschem Fußball-Bund (DFB) sind die in die Höhegeschossenen Honorare, vor allem der unseriösen Berater ohne Lizenz,schon lange ein Dorn im Auge. Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauballsorgte vor wenigen Tagen für Aufsehen, als er dem «HamburgerAbendblatt» konkrete Zahlen nannte. Die 36 Bundesligisten der 1. und2. Liga, die in der Vorsaison rund 171 Millionen Euro anTransfersummen aufbrachten, gaben demnach zusätzlich 58,8 Millionenfür Berater aus. «Das Verhältnis zwischen Provisionen undAblösesummen empfinde ich als grotesk», geißelte der Jurist die«Entwicklung in die völlig falsche Richtung».
Seit dem Bosman-Urteil sind nicht nur die Profi-Gehälter enormgestiegen, sondern mit ihnen auch die Berater-Honorare. Das liegtdaran, dass die Berater einen frei verhandelbaren Prozentsatz desJahresgehaltes ihrer Schützlinge von den Clubs kassieren. So konntesich eine Schattenwirtschaft entwickeln, die nicht nur nach RauballsAnsicht dem Geldkreislauf immer höhere Beträge entzieht.
Der «kicker», der dem Unwesen derzeit eine Artikel-Serie widmet,sowie mehrere große Zeitungen berichteten zuletzt von einigenbedenklichen Fällen. So soll Neubauer allein für die Beratung derdrei Hertha-Profis Arne Friedrich, Patrick Ebert und Marc Stein inden vergangenen drei Jahren 1,09 Millionen Euro verdient haben, allesvom Hauptstadtclub bezahlt. Im Gespräch mit der dpa mochte Neubauerdie Summen nicht kommentieren. «Darüber spreche ich nicht», sagteNeubauer, der insgesamt 50 Spieler unter seinen Fittichen hat.
Das «Abendblatt» förderte zutage, dass Berater Rodger Linse beimTransfer von Nigel de Jong vom HSV zu Manchester City kräftigabkassierte. Von der Ablösesumme von 18 Millionen Euro - zahlbar indrei Raten - sollen nur 15 Millionen an den HSV fließen, dreiMillionen stecke sich Linse ein. Von dem Deal profitieren alle, weilde Jong 2010 für die festgeschriebene Summe von 10 Millionen Eurohätte wechseln können. «Der Transfer war ein Ausnahmefall. Denn wirhätten ohne Beteiligung des Beraters deutlich weniger verdient»,sagte HSV-Aufsichtsratschef Horst Becker.
Laut Baumgarten sind Beteiligungen an Ablösesummen «eher dieAusnahme». «Üblicherweise bekommen Berater als Provision einen freiverhandelbaren Prozentsatz vom Jahresgehalt des Spielers. Das Honorarwird vom Verein bezahlt», berichtet er. Die Höhe sei unterschiedlich.«Meist streben die Berater 10 bis 12 Prozent an, die Clubs wollen nur6 bis 9 Prozent zahlen. Dann trifft man sich irgendwo.»
Laut Neubauer und Baumgarten plädieren für mehr Transparenz, sehenaber eine Mitschuld der Vereine. «Man kann sich von Clubseite nichtüber Berater beklagen und dann nichts dagegen tun», betonte Neubauer.Ähnlich sieht es Baumgarten: «Es gibt klare Regeln, dass Vereinenicht mit nicht-lizenzierten Beratern verhandeln dürfen. Aber vielelassen sich darauf ein. Man kann nur dann unerlaubten Dinge tun, wennauf Vereinsseite auch ein schwarzes Schaf sitzt und mitmacht. Auf dereinen Seite ist es Bestechung, auf der anderen Untreue.»
Mit einer von Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp angeregtenGebührenordnung wie bei Architekten könnte die DFVV sich anfreunden.«Allerdings gibt es immer Schlupflöcher», meinte Baumgarten. DFB unddie DFL sieht er in der Pflicht. «Sie müssen diesen Dingen nachgehen,Betrügereien und Verstöße konsequent verfolgen und ahnden.» FürHieronymus geht es bei den Lösungsvorschlägen auch um die Frage, «obBerater nicht von denen bezahlt werden sollten, die ihre Leistungenempfangen. Und das sind doch meistens die Spieler.»