Sicherheit Sicherheit: Schily und Beckenbauer versprechen nach Krawall friedliche WM

Celje/dpa. - «InDeutschland passiert das nicht», versicherte der Präsident des WM-Organisationskomitees nach den schlimmen Vorfällen beimFreundschaftsspiel der deutschen Nationalmannschaft am Samstag inSlowenien.
Von Beckenbauer über DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder bis hinzu Bundestrainer Jürgen Klinsmann zeigte sich die deutsche Delegation«erschüttert» und «schockiert» über die Randale beim deutschen 1:0-Erfolg in Celje. Insgesamt waren nach Ausschreitungen vor, währendund nach dem Spiel 65 Personen, darunter 45 Deutsche, vorübergehendfestgenommen worden. Gegen fünf Deutsche und 20 Slowenen ist nachAngaben der Polizei in Celje vom Montag Anklage erhoben worden.
«Das war nur sinnloser Hass und Freude am Zerstören. Ich habe diehassverzerrten Gesichter gesehen, das sind keine normalen Menschen»,kommentierte Mayer-Vorfelder. Der DFB-Chef kündigte einen Brief anSchily an, «weil ich mir Sorgen mache im Hinblick auf die WM 2006».Der Innenminister sagte in der «Bild»-Zeitung (Dienstag-Ausgabe):«Diese Randalierer sind ein Schandfleck. Aber sie stehen nicht fürDeutschland. Unsere Fans sind friedlich und fußballbegeistert.Genauso wird die WM 2006 in unserem Land ablaufen.»
Klinsmann entschuldigte sich nach dem Spiel bei den slowenischenGastgebern und distanzierte den deutschen Fußball ebenfalls von denKrawallmachern. «Das tut uns sehr, sehr leid, dafür schämen wir uns.Das gibt ein sehr schlechtes Bild für uns, vor allem als Gastgeberder Weltmeisterschaft 2006.»
Das deutsche WM-Motto («Die Welt zu Gast bei Freunden») wurde beiden Ausschreitungen in der Innenstadt und im Stadion von kleinenGruppen schwer beschädigt. Beckenbauer warf den slowenischen Behördenvor, die Sicherheits-Problematik unterschätzt zu haben: «DieKrawallmacher suchen sich solche Länder aus, wo sie wissen, dass mansie nicht Ernst nimmt. Von slowenischer Seite ist das einfachunterschätzt worden», kritisierte der WM-Chef und forderte: «DieArbeit muss international besser werden.» Eine Sprecherin desslowenischen Innenministeriums räumte am Montag ein, dass dienationalen Behörden die deutschen Warnungen nicht ernst genuggenommen hätten.
Bei der WM vertraut Beckenbauer auf die deutschen Behörden undSchily. «Ich weiß, dass die deutschen Sicherheitskräfte unglaublichgut sind. Dafür sorgt schon unser Innenminister. Ich denke, dass erjetzt sehr wütend sein wird.» Die Sicherheits-Problematik ist durchdie Vorfälle in Slowenien 15 Monate vor der WM und nur wenige Wochenvor dem Confederations Cup in fünf deutschen Städten wieder in denVordergrund gerückt. Sie dürfte auch bei einer bevorstehenden WM-Sicherheitskonferenz von Schily mit den Landesinnenministern eineRolle spielen. DFB-Teammanager Oliver Bierhoff verlangte unterHinweis auf kommende Auswärtsspiele der Nationalelf in Rotterdamgegen die Niederlande (17. August) und in der Slowakei (3. September)rasche Konsequenzen: «Ich hoffe, das war ein einmaliger Vorfall.»
WM-Chef Beckenbauer erlebte die Krawalle als TV-Experte hautnahmit. Das gläserne ZDF-Studio befand sich nur wenige Meter entferntvon dem Fanblock, in dem bis zum energischen Eingreifen der Polizeirandaliert wurde. Mehrfach flogen Leuchtraketen auf den Platz. Derenglische Schiedsrichter Graham Poll unterbrach sogar einmal kurz diePartie. Später flogen Schalensitze, die aus der Verankerung gerissenworden waren. Nach dem Abpfiff gingen die Jagdszenen, in die auchslowenische Fans verwickelt waren, weiter. Torhüter Oliver Kahn, indessen Nähe einige Raketen niedergegangen waren, bezeichnete dasVerhalten der Hooligans als «kriminell».
Der DFB war über die Anreise von 200 bis 250 «Problemfans» nachSlowenien vorab informiert gewesen und hatte diese Angaben an denslowenischen Verband weitergegeben. Allerdings sei der DFB in seinemHandeln beschränkt gewesen: «Wir können nicht nur auf den Verdachthin 50 Personen daran hindern, nach Slowenien zu fahren», sagte DFB-Sicherheitschef Alfred Sengle. Bisher gebe es nur bei EM und WM-Turnieren für bekannte, als gefährlich eingestufte Fanspolizeirechtliche Maßnahmen wie tägliche Meldepflicht.
Die Ausschreitungen hatten in der Innenstadt von Celje vor demSpiel begonnen. Auslöser war eine Auseinandersetzung zweier deutscherFan-Gruppen. Ein Deutscher und ein slowenischer Polizist wurden dabeileicht verletzt. Alle 65 festgenommenen Randalierer wurden wenigeStunden nach Spielschluss wieder auf freien Fuß gesetzt. DerSachschaden, der vor allem durch den Bruch von Schaufensterscheibenentstand, wird auf drei Millionen Tolar (12 500 Euro) geschätzt.
Im Stadion war die Situation schon am Einlass eskaliert. Ein Torhatte dem Druck der drängenden Fans nicht Stand gehalten. So kamenHooligans unkontrolliert auf die Ränge. Viele von ihnen hattennoch an der Tageskasse Karten erworben und konnten so nicht erfasstwerden. Über den DFB waren nur 750 Tickets an Fans abgegeben worden.
Deutsche Hooligans haben in der Vergangenheit schon häufiger fürschwere Ausschreitungen gesorgt. Bei der WM 1998 prügelten Hooligansnach dem Vorrundenspiel gegen Jugoslawien in Lens den PolizistenDaniel Nivel halb tot. In Zusammenhang mit den Krawallen wurden 93Personen festgenommen. Auch bei der EM 2000 sorgten deutsche Fans amRande des Vorrundespiels gegen England in Charleroi für Krawalle. 98deutsche und englische «Fans» wurden verhaftet.