Schweiz Schweiz: «Schumi» in der Midlife-Crisis?
Hamburg/dpa. - Dem Älterwerden kann auch Michael Schumacher nichtdavonrasen. Sehr zu seinem Leidwesen. «Es ist schon ein gewisserSchritt für einen Mann, die 40 auf einmal schreiben zu müssen - esgibt Angenehmeres», sagt er. An diesem Samstag ist es für den Formel-1-Rekordweltmeister soweit. Schumacher sieht seinem Geburtstag, dener ebenso wie Silvester mit Freunden und der Familie im Winterurlaubverbringen wird, mit einer «gewissen Portion Skepsis» entgegen. «MitFreude nicht unbedingt», verriet Schumacher jüngst in einem Interviewder «ZDF-Sportreportage».
3. Januar 1969: Schumacher wird in Hürth-Hermühlheim geboren. «Wirhatten keine finanziellen Möglichkeiten von zu Hause, um wirklich inden Rennsport einzusteigen», erinnert sich der Ausnahme-Pilot, derals fünfjähriger Knirps im Kart startete und und nach einerkometenhaften Karriere zum besten und bestbezahlten Fahrer derKönigsklasse aufstieg. Der Kerpener kann sich materiell längst so gutwie alles leisten. Weihnachts- und Geburtstagswünsche hat er kaum:«Wir können uns nur wünschen, dass es so schön bleibt, wie es ist.»
Schumacher, der Familienmensch: Für die meisten eine vorborgeneSeite. «Weil er außerhalb des Cockpits das Visier nur ungern öffnete,ist er für viele ein Unbekannter geblieben», heißt es im offiziellenSchumacher-Buch. Gattin Corinna kennt ihn seit über 18 Jahren,zusammen haben sie die zwei Kinder Gina Maria und Mick. «Schumibraucht seine Familie wie andere Wasser zum Trinken», sagte Ex-Kollege David Coulthard jüngst. Doch der deutsche Dominator brauchtdie Harmonie auch im Beruf. Mit Ferraris ehemaligem Teamchef undseinem langjährigen Wegbegleiter Jean Todt verbindet ihn eine engeFreundschaft. Sein ehemaliger Ferrari-Mitstreiter Felipe Massa rühmtSchumacher als seinen «Professor».
Und der Lehrmeister, der am 25. August 1991 in der Formel 1debütierte, gibt noch immer wichtige Tipps. Seit seinem Rücktrittnach 250 Grand-Prix-Starts, 91 Siegen sowie sage und schreibe siebenWeltmeister-Titeln und einer Reihe weiterer beeindruckender Rekordesteht Schumacher der Scuderia mit Rat und Tat zur Seite. «Rentner binich nicht wirklich, nur in Anführungsstrichen», sagte Schumacherschmunzelnd. Auch nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn reichen ihmnach eigenen Bekunden 24 Stunden am Tag «eigentlich nicht».Allerdings könnte sein Engagement, das vertraglich bis Ende 2009laufen soll, angesichts der Automobilkrise zur Diskussion gestelltwerden.
Sehnsucht nach den 750-PS-Boliden treibt den Tempo-Fan nicht mehrum. Wohl aber seine Motorrad-Leidenschaft. Im kommenden Jahr wirdSchumacher wieder Rennen der Internationalen Deutschen MeisterschaftIDM bestreiten. Den Weg vom vierrädrigen zum zweirädrigen Weltmeisterwill der Rekordsammler aber nicht mehr einschlagen. «Wäre ich fünfoder sechs Jahre jünger, wäre dies ein reizvoller Gedanke, das mussich zugeben», hat er gesagt. Das Ganze bleibe ein Hobby. «Ich sehemich keinesfalls als Leistungssportler.»
Doch Ehrgeiz ist ihm eigen, Phlegma fremd. In der Formel 1 machteihn sein Talent, aber auch seine Einstellung zum besten underfolgreichsten Piloten der Geschichte: kalkulierend, kompromisslos,kampfeslustig. Ein Paradebeispiel, das Saisonfinale 1997: Schumacherscheidet nach einer Kollision mit Jacques Villeneuve aus, verliertdie WM und wird vom Internationalen Automobilverband FIA nachträglichfür die gesamte Saison disqualifiziert. Unvergessen: Die DuelleSchumachers mit Damon Hill. Und: sein Park-Manöver im Mai 2006 inMonaco.
Schumacher, auf der Strecke mit dem Instinkt eines Champions,kannte seine Grenzen. Bei seinem schwersten Unfall hatte er Glück imUnglück. 1999, Silverstone: Er rast mit seinem Ferrari frontal in dieReifenstapel, Motorsportfans weltweit halten die Luft an. Schumacherbricht sich aber «nur» das rechte Bein. Und doch ist er sich bewusst,dass die Gefahr ständig Beifahrer in der Formel 1 ist. Der tödlicheUnfall Ayrton Sennas 1994 in Imola sei einer seiner schwerstenMomente gewesen, erinnert sich Schumacher: «Ich war total geschockt,dass in unserem Sport solche Tragödien passieren können. Das hat michwachgerüttelt.»
Typisch: Im Jahr nach seinem eigenen schweren Crash begannSchumacher mit Ferrari Rennsportgeschichte zu schreiben. Von 2000 angelangen ihm fünf WM-Triumphe in Serie. Am 22. Oktober 2006absolvierte Schumacher sein letztes Formel-1-Rennen. Sie habe keinReiz mehr auf ihn, sagt der einstige Regent heute über dieKönigsklasse: «Ich genieße ganz einfach die Freiheit, die ich mitmeiner Familie leben kann.»