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SC Freiburg SC Freiburg: Sorglos in die Rückrunde

Von Christoph ruf 29.12.2011, 12:27

Freiburg/MZ. - Es ist nicht unbedingt überraschend, dass ein Verein, der auf dem 18. Tabellenplatz liegt, seinen Trainer entlässt. Dass er das zwei Tage vor Silvester tut, verwundert aber durchaus. Zumal, wenn wie beim SC Freiburg geschehen, sowohl Manager Dirk Dufner als auch Präsident Fritz Keller in den vergangenen Wochen nicht müde geworden sind, Marcus Sorg ihre uneingeschränkte Rückendeckung zu versichern. "Es gibt Tage im Fußball", sagte Dufner am Donnerstag, "da macht es nicht so viel Freude. Der Tag heute gehört dazu." Am Mittwoch habe man sich entschieden, Sorg "mit sofortiger Wirkung von allen seinen Aufgaben zu entbinden".

Streich übernimmt Posten

Der Neue auf der Bank ist Ex-SC-Profi Christian Streich, der seit 1995 als Trainer im Verein aktiv ist. Er hat einen Vertrag als Chefcoach bis 2014 unterschrieben, gültig für die erste und zweite Liga.

Die sportliche Lage war offenbar nicht allein ausschlaggebend bei dem Club, der in seiner Bundesliga-Geschichte noch nie vorzeitig einen Trainer entlassen hat. Vielmehr scheint es, als hätten die Verantwortlichen in den vergangenen Tagen noch einmal neu nachgedacht. Und das aus gegebenem Anlass. In dem traditionell ruhigsten deutschen Bundesliga-Standort war die Empörung über die jüngste Freistellung von sechs Spielern so groß, dass davon offenbar selbst der Ur-Badner im Präsidentenamt, Fritz Keller, überrascht wurde. Dass unter den Spielern, die man kurz vor Heiligabend aussortierte, auch Kapitän Heiko Butscher war, empfanden viele SC-Sympathisanten als Sündenfall. Sie kritisierten in Leserbriefen und Forumsbeiträgen, dass sich der Club von einem verdienten Spieler trenne, dessen menschliche Qualitäten immer gelobt wurden. Und sie kritisierten, dass das mit der Logik einer Zeitarbeitsfirma begründet wurde.

Durch den Trainer-Rauswurf dürften sich die SC-Verantwortlichen erst einmal selbst aus der Schusslinie gebracht haben. Schließlich war die Kluft zwischen Vereinsführung und -basis auch deshalb entstanden, weil die gleichen Leistungskriterien für den Posten des Cheftrainers eben nicht zu gelten schienen.

Sorg war umstritten

Inhaltlich ist die Trennung von Sorg nachvollziehbar. Abgesehen von einer arg nichtssagenden Rhetorik sorgte auch manche Auswechslung und Nicht-Berücksichtigung von Spielern für Stirnrunzeln - und das offenbar auch in der Mannschaft. Wie der "Kicker" jüngst berichtete, monierten zahlreiche Spieler, dass weder die Video-Analysen noch die Gegnervorbereitungen auch nur annähernd die Qualität seines Vorgängers Robin Dutt hatten. Die Einschätzung, dass Sorg der Aufgabe nicht gewachsen sei, teilten in Wahrheit am Schluss viele Spieler.

Streich soll nun gegenüber der Mannschaft entschiedener auftreten. Im Gegensatz zu dem zurückhaltenden Sorg ist er ein energischer, temperamentvoller Zeitgenosse. Befürchtungen, dass er in Stresssituationen zu aufbrausend sein könnte, hatten offenbar am Ende der Ära Dutt die Beförderung Streichs verhindert. Sie waren wohl schon damals unbegründet. Streich ist klug genug, seine Äußerungen den Erfordernissen anzupassen. Die Verschleierung seines südbadischen Dialekts dürfte ihm da deutlich schwerer fallen.