Rumänien Rumänien: Jugendstil am Fuße der Karpaten

Oradea/dpa. - Der Jugendstilpalast nebenanstrahlt bereits in frischem Ocker. Und am Nachbarhaus zur Linkenwerkeln Arbeiter auf einem Gerüst. «Es tut sich was in Nagyvárad», sagt der Literat und Journalist, der zur Minderheit der Ungarn-Rumänen gehört und seine Stadt deshalb beim ungarischen Namen nennt, statt das rumänische Wort Oradea zu verwenden.
Nach dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union (EU) zumJahresbeginn soll die Stadt an der rumänisch-ungarischen Grenze bald wieder in altem Prunk erstrahlen und Touristen aus ganz Europa anlocken. Fördermittel aus Brüssel fließen in die Stadtsanierung, Unternehmen aus Deutschland, Frankreich und Ungarn siedeln sich an.
«Früher wurde Nagyvárad auch Klein-Budapest genannt», erzähltSzilágyi. Mit früher meint er die Blütezeit von Oradea, die Epochezwischen etwa 1890 und 1940. Damals war Großwardein, wie die Stadtauf Deutsch heißt, Verkehrsknotenpunkt und Tor nach Siebenbürgen. ImZentrum wurden bürgerliche Wohnpaläste und Prachtbauten hochgezogenwie das Stadttheater, das Palais «Schwarzer Adler» oder das Rathausam Ufer der Schnellen Kreisch, die - aus den Karpaten kommend -mitten durch die Innenstadt fließt.
Heute stehen am Stadtrand graue Plattenbauten, doch das Zentrumputzt sich heraus. In der Fußgängerzone flanieren junge Frauen anschicken Boutiquen vorbei. Viele der rund 35 000 Studenten derUniversität zieht es nach der Vorlesung in die Bars und Kaffeehäuserder Innenstadt.
Neben den Jahrhundertwende-Bauten sind in Oradea die barockeKathedrale, der Bischofspalast und die mittelalterliche Burgsehenswert. Und vor den Toren der Stadt liegt das Thermalbad BaileFelix, einer der bedeutendsten Kurorte Rumäniens.
Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gehörte Oradea zu Ungarn, mehrals 90 Prozent der Bevölkerung waren damals Ungarn, rund ein Drittelvon ihnen jüdisch, und nur 5 Prozent Rumänen. 1919 fiel die Stadt anRumänien. Die Bevölkerungsverhältnisse haben sich seitdem gewandelt:Durch die Industriepolitik des Diktators Nicolae Ceausescu wuchs dieZahl der Einwohner und liegt heute bei rund 200 000. Nur rund einViertel von ihnen zählt noch zur ungarischen Minderheit.
Doch das historische Erbe Oradeas ist vor allem ungarisch geprägt,und deshalb engagieren sich die Magyaren in der Stadt besonders aktivfür seine Erhaltung. Der Literat Aladár Szilágyi trifft nach seinemStadtrundgang rumänische Freunde in einem Café. Bis zur Wende 1989,sagt er, war es für die Ungarn hier nicht einfach. Doch er betont,wie gut das Zusammenleben heute funktioniere.
Auch Rozália Bíró von der Partei der Ungarn-Rumänen, die alsVize-Bürgermeisterin im Rathaus von Oradea sitzt, blickt in dieZukunft: «Die Stadt ist unser gemeinsames Erbe, ein Aushängeschild,das jetzt seine ganze Anziehungskraft für Touristen und Investorenentfalten kann.»
Informationen: Rumänisches Touristenamt, Budapester Straße 20a,10787 Berlin (Tel: 030/241 90 41