Riese Walujew will Großmaul Haye «eine verpassen»
Nürnberg/dpa. - «Riese» gegen «Großmaul» - eigentlich ein perfektes Szenario für einen Trickfilm aus den bekannten kalifornischen Pixar-Studios. Tatsächlich handelt es sich aber um den Rahmen für eine Schwergewichts-Weltmeisterschaft im Profiboxen.
Der wegen seiner dumm-dreisten Sprüche und Beleidigungen berüchtigte Brite David Haye will dem 2,13 Meter großen Russen Nikolai Walujew in Nürnberg den Weltmeistertitel nach WBA-Version entreißen. «Ich schlage ihn k.o. Wenn er umfällt, bricht der Ring zusammen», tönte Haye, der auch schon gegen die Klitschko-Brüder boxen wollte. Doch beide Kämpfe blies er ab.
Haye unterlässt nichts, um den gutmütigen Walujew einen AdrenalinSchock nach dem anderen zu versetzen. «Ich habe noch nie einen hässlicheren Menschen gesehen als ihn», giftete der 29 Jahre alte Engländer. «Der hat einen so großen Kopf, da braucht er einen Rasenmäher, um sich zu rasieren.» Der Titelverteidiger sei ein Roboter, ein Zombie und obendrein stinke er. Walujew, den ansonsten Verbalattacken kalt lassen, zeigte erstmals Wirkung. «Ich danke für die Motivation», zischte der Russe. «Am Samstag werde ich ihm eine verpassen.»
Walujew ist sich nach den zahlreichen Geschmacklosigkeiten seines Herausforderers sicher: «Haye ist ein Idiot.» Vor einiger Zeit präsentierte sich der Brite in Zeitschriften und auf T-Shirts mit geschmacklosen Foto-Montagen, die die vermeintlich abgetrennten Köpfe der Klitschko-Brüder zeigten. Nun schlug er vor kurzem einem Walujew-Pappkameraden den Kopf ab und drosch auf eine Halloween-Fratze ein, die den Russen darstellen sollte.
Wer für derart Krawall sorgt, steigt zum Medienstar auf. Allein aus Großbritannien haben sich fünf Kamerateams und rund 30 Journalisten zum Nürnberger Spektakel angesagt. Um in der Heimat die Werbetrommel noch kräftiger für den Verkauf der 15 Pfund teuren Pay-per-View-Angebote im Bezahlsender Sky Box Office zu rühren, begrüßte Haye seine Gastgeber bei Ankunft in Nürnberg in seiner bekannten Art: Das Hilton Hotel sei «eine ranzige Höhle», keifte er und zog ins Le Meridien.
Kalle Sauerland, Sohn von Promoter Wilfried Sauerland, hat Hayes' Handicap beschrieben: «1000 Volt, aber kein Licht.» Die Entourage des Briten lacht sich derweil ins Fäustchen. «Wir haben den WM-Kampf nur unserer PR-Kampagne zu verdanken», gestand Haye-Trainer Adam Booth. Wer am lautesten klappert, kommt eher dran. Dass sein Schützling um die Schwergewichtskrone kämpfen darf, ist wahrlich ungewöhnlich. Immerhin hat Haye, früher Weltmeister im leichteren Cruisergewicht, erst einen Kampf in der «Königsklasse» bestritten.
Ein interessantes Duell wird die ungleiche Auseinandersetzung allemal. Auf der einen Seite der 2,13 Meter große und 145 Kilogramm schwere Koloss, auf der anderen der eher grazil wirkende 22 Zentimeter kleinere und rund 45 Kilo leichtere Brite. Was den Herausforderer auszeichnet, ist seine Schnelligkeit. Als früherer Cruisergewicht-Champion hat er seine Rivalen mit blitzartigen Attacken reihenweise ausgeknockt. 21 vorzeitige Siege stehen für ihn in 23 Kämpfen in seiner Bilanz.
«Wenn Haye einen auf Ottke macht, also ran an den Mann, Treffer und nix wie weg, dann gewinnt er», meinte Jean-Marcel Nartz, früher Technischer Leiter im Universum-Boxstall und jetzt Vizepräsident des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB). «Bleibt er aber stehen, dann erdrückt ihn Walujew.» Der 36-jährige Russe hat von 52 Kämpfen 50 gewonnen, 34 durch K.o. Im Berliner Sauerland-Stall sind alle vom Erfolg ihres «Nikos» überzeugt. Geschäftsführer Chris Meyer schwor: «Niko wird sich Haye vorknöpfen.»