Porträt Anders Jacobsen Porträt Anders Jacobsen: Vom Klempner zum Skisprungkönig
Bischofshofen/dpa. - Durch den Sieg bei der 55. Vierschanzentournee avancierte Jacobsen gleich bei seiner Premiere zum Skisprungkönig. «Ich bin sehr überrascht und unheimlich stolz auf ihn», sagte Norwegens Trainer Mika Kojonkoski, der seinen neuen Überflieger bei einem Sichtungswettkampf im vergangenen Frühjahr in Lillehammer entdeckt hatte.
Wie ein Komet schoss der stille und zurückhaltende Jacobsen, den sein Teamkollege Sigurd Pettersen liebevoll als «Kanonenkugel von Hønefoss» beschreibt, in dieser Saison in die Weltspitze. Eine Entwicklung, von der der junge Mann nicht zu träumen gewagt hatte. «Das ist absolut unglaublich und gleichzeitig irgendwie seltsam. Ich hätte das so niemals erwartet. Mein Ziel war es, im Weltcup unter die besten 20 zu kommen», sagte der rørlegger (Klempner) aus Hønefoss.
Gemeinsam mit dem Schweizer Simon Ammann und dem österreichischen Wunderknaben Gregor Schlierenzauer dominierte er in dieser Saison die Wettbewerbe. Beim Saisonauftakt in Kuusamo flog Jacobsen trotz irregulärer Bedingungen auf den dritten Platz, knapp vier Wochen später feierte er in Engelberg seinen ersten Weltcupsieg und führt mittlerweile die Gesamtwertung an.
«Er hat wie Schlierenzauer ein sehr hohes technisches Niveau, besonders was die Bewegung am Tisch angeht. Aber Anders ist mental noch stärker», erklärte Kojonkoski, der seinen bei Tournee-Halbzeit schwächelnden und ins Zweifeln geratenen Schützling in einem Vier- Augen-Gespräch wieder aufbaute. Der Hochbegabte selbst sieht vor allem die besseren Trainingsmöglichkeiten als Grund für seine Leistungsexplosion. Zudem betreibt er seit der Beförderung ins A-Team sein ehemaliges Hobby Skispringen nun professionell und konnte den Klempner-Job an den Nagel hängen. «Darum bin ich jetzt sowohl in physischer als auch in mentaler Hinsicht in einer wesentlich besseren Verfassung als früher. Das wirkt sich auf meine Leistung an der Schanze aus», analysierte Jacobsen.
Mit acht Jahren bekam der Tüftler, der gern an alten Autos bastelt, Skisprungski geschenkt. Wenig später wurde der kleine Anders bei seinem ersten Wettkampf Zweiter. «Das war eine große Motivation. Also habe ich weiter trainiert und bin nach und nach von größeren Schanzen gesprungen», erzählte Jacobsen. 13 Jahre später ergriff er seine Chance bei der Sichtung in Lillehammer. «Meine Sprünge waren da zwar nicht perfekt, aber in Ordnung. Physisch war ich sehr gut, und ich denke, Mika wollte das ganze Paket aus allen Einzelteilen haben, die einen Skispringer ausmachen. Vielleicht haben sie genau das in mir gesehen», sagte Jacobsen.