Norwegen Norwegen: Winterurlaub in der Olympiastadt

Lillehammer/dpa. - Zehn Jahre ist es her: Im Februar 1994 verzauberten die Bilder von den Olympischen Winterspielen in Lillehammer die Fernsehzuschauer weltweit. Fantastische Landschaften in weißer Pracht, strahlend blauer Himmel und eine Stimmung an Pisten und Hängen, wie man sie noch bei keinem Winterereignis erlebt hatte. Juan Antonio Samaranch, damals Chef des Internationalen Olympischen Komitees, tat denn auch mehr als bloß seine Pflicht, als er den Norweger bescheinigte, «die schönsten Winterspiele aller Zeiten» veranstaltet zu haben.
Und heute? Die Landschaft rund um den Mjøsa-See ist noch immer märchenhaft und in aller Regel von Anfang Dezember bis Ende April tief verschneit, der Himmel überwiegend blau - nur die Stimmung hat sich geändert. Die Bewohner des knapp 30 000 Seelen zählenden Städtchens im Gudbrandsdal sind ein freundlicher Menschenschlag, aber sie treiben nun mal nicht jeden mit Kuhglockengeläut und heiserem Schreien zur Höchstleistung an. Wer heute die Winterferien in der Olympia-Region verbringt, kann in aller Ruhe genießen.
Schön war die Gegend um Lillehammer schon immer und als Ziel für den Winterurlaub zumindest bei Norwegern und Schweden auch vor 1994 beliebt. Die kühnen Träume der Olympia-Planer vom großen Besucherboom haben sich zwar nicht ganz erfüllt, aber von der damals errichteten Infrastruktur profitiert die Region bis heute. Die Anbindung der einzelnen Skigebiete gilt als vorbildlich, moderne Anlagen garantieren reibungslose Abläufe an den Pisten und an Hotelzimmern, Ferienwohnungen und Winterhütten herrscht kein Mangel. Auch die Anreise aus dem 160 Kilometer entfernten Oslo geschieht heute dank verbesserter Intercity-Strecke und der ausgebauten und ohne Spikes befahrbaren E6 weitaus flotter als früher.
Wer in Lillehammer Wintersport betreibt, kann den Spuren der Helden von damals folgen: Im Langlauf hatten die Deutschen seinerzeit zwar noch wenig zu melden. Aber Insider wissen, dass sie in den Loipen rund um das Birkebeiner-Stadion ähnliche Kreise ziehen, wie Bjørn Dæhlie, erfolgreichster Langläufer aller Zeiten und norwegischer Volksheld.
Aber auch weiter draußen in der schweigsamen Natur können sich Langläufer austoben: Wer mit dem Bus zu den Skigebieten von Nordseter und Sjusjøen fährt, kann ein Streckennetz von rund 350 Loipenkilometern nutzen. Durch verschneite Wälder und über die blitzenden Flächen gefrorener Seen geht es hinauf auf knapp 1000 Meter hohe, karge Kuppen und über weite Hochebenen.
Alpinfans dagegen bekommen olympische Anlagen 15 Kilometer nördlich der Stadt. Dort erheben sich rechterhand die Hänge des Hafjell - hier kurvte Markus Wasmeier im Riesenslalom zu Gold. Für die Tageskarte ab etwa 30 Euro hat das Hafjell insgesamt 25 Kilometer Pisten aller Schwierigkeitsgrade zu bieten, darunter auch einige beleuchtete Nachtabfahrten. Für Snowboard-Freaks steht eine separate Piste mit Half-Pipe und Big-Jump parat, und die Kleinen kommen im Kinderland unter.
Recht still geworden ist es nur um das Kvitfjell, noch einmal fast 30 Kilometer weiter im Norden gelegen, wo Wasmeier im Super-G seine zweite Goldmedaille holte. Diese Hänge galten vor zehn Jahren als derart anspruchsvoll, dass das Abfahrtsrennen der Frauen dort nicht stattfinden sollte. Die Fahrerinnen setzten aber die Austragung am «weißen Gebirge» durch, und Katja Seizinger gewann.
Fast auf Höhe des Hafjells liegt auf der anderen Talseite Hunderfossen. Für Kinder ist der Besuch des Freizeitparks mit dem berühmten Riesentroll und einer Abenteuerhöhle ein Muss, das Kind im Manne aber zieht es eher zur Bob- und Rodelbahn. Dort schlitterte George Hackl zu Gold, und der deutsche Viererbob tat es ihm gleich. Wagemutige halten es mit den Heroen: Für rund 20 Euro pro Person gibt es beim «Bobrafting» die Fahrt in einer Art Schlauchboot in Bobform, das Geschwindigkeiten von bis zu 80 Stundenkilometern (km/h) erreicht. Auch eine Fahrt in einem richtigen Viererbob mit einem erfahrenen Piloten ist möglich. Der donnert mit 120 km/h durch die 1700 Meter lange Eisröhre. Dieser Nervenkitzel kostet umgerechnet rund 110 Euro.
Nervenkitzel ist aber auch in Lillehammer selbst zu haben: Vom Turm der Sprunganlage der Lysgårdsbakkene genießt man den mit Abstand schönsten Ausblick über Stadt und See. Aber der Gedanke, von hier aus nur mit Skiern an den Füßen loszurasen und 130 Meter weit zu segeln, ist für die meisten Besucher unvorstellbar. Hier gewann Jens Weißflog Gold im Einzel und mit der Mannschaft.
Wer sich für die Geschichte Olympias und besonders für die Spiele von 1994 interessiert, kann das Olympische Museum in der Haakonshalle besuchen. Oder Interessierte legen ihren Besuch in Lillehammer auf die Zeit vom 12. bis 15. Februar 2004: Dann wird nämlich mit zahlreichen Arrangements das große Jubiläumsfest «10 Jahre Winterspiele in Lillehammer» gefeiert. Zu diesem Anlass wollen die Einheimischen Besucher auch davon überzeugen, dass eine Wiederholung die schönste Sache der Welt wäre: Die Stadt erwägt, sich für die Ausrichtung der Winter-Olympiade von 2014 zu bewerben.