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Nicht immer ein Beinbruch: Karriere trotz schlechter Noten

Von Verena Wolff 24.09.2007, 06:52

Frankfurt/Main/Herzogenaurach/dpa. - «Ein Bewerber muss allerdings eine stichhaltige Begründung für schlechte Leistungen liefern können und ein gewisses Selbstbewusstsein an den Tag legen», erklärt Krausser-Raether. Anja Elligsen, Personalerin beim Sportartikelhersteller Puma in Herzogenaurach, ergänzt: «Es gibt schließlich kaum Menschen, die nur Top-Noten haben.» Offenheit sei in einem solchen Fall wichtig, Vertuschungsversuche hingegen lassen nur Misstrauen aufkommen.

Das Gesamtbild sei wesentlich wichtiger als einzelne Diplom-Noten, sagt auch Krausser-Raether: «Das Zeugnis ist nur ein Baustein.» Praktika, Jobs, Auslandsaufenthalte, ehrenamtliches Engagement während Schul- und Studiumszeit - all das trage zur Beurteilung bei. Wird ein Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen, ist es seine Aufgabe, die Personaler von sich zu überzeugen. «Wenn die Chemie stimmt und er ins Gesamtbild passt, dann kann auch eine gute Persönlichkeit überzeugen», sagt Elligsen.

Zudem sind meist nicht alle Noten schlecht. «Das Abschluss-Zeugnis muss man meist genauer anschauen», sagt Peter Kincer, Personaler bei der Firma Business Objects in München. Interessant sei, die Diplom-Noten auseinander zu nehmen und einzelne Bereiche anschauen. Ist die Abschlussarbeit gut und hat sie einen Bezug zum Unternehmen, ist das ein Pluspunkt in der Bewerbung.

Zudem werde sich niemand um eine Stelle bewerben, die sich ausschließlich mit den schlechtesten oder verhassten Studieninhalten innerhalb eines Faches befasst, meint Krausser-Raether. «Wenn Statistik im Studium meine Schwäche war, werde ich mich nicht um einen Job bemühen, der keine anderen Inhalte hat», sagt sie. In einem Gespräch könne man eine schlechte Note in einem Teilbereich immer begründen und betonen, dass in diesem Bereich zwar nicht der Schwerpunkt liege, man das Handwerkszeug aber sehr wohl beherrsche.

Elligsen rät Bewerbern, mit offenen Karten zu spielen. «Aber man sollte nicht gleich von sich aus in eine Verteidigungstaktik gehen und sich für seine Leistungen entschuldigen.» Abwarten, bis ein Personaler die Noten ins Gespräch bringt - dies sei der bessere Weg. «Und dann sagen, wie es war.»

Schlechte Noten im Abschlusszeugnis verfolgen keinen Arbeitnehmer ein ganzes Leben lang. «Weit zurückliegende Zeugnisse haben den Vorteil, dass sie immer unwichtiger werden», ist Kincers Erfahrung. Zwar seien sie in einer Bewerbungsmappe immer notwendig, um die Abschlüsse und den Werdegang lückenlos zu dokumentieren. «Aber bei vielen Jahren Berufserfahrung rücken die aktuellen Arbeitszeugnisse in den Vordergrund», sagt Elligsen. Und die dürfen eigentlich nicht schlecht sein - denn der Gesetzgeber schreibt vor, dass ein Arbeitszeugnis «wohlwollend und wahrheitsgemäß» sein muss. Verbergen sich hinter wohlklingenden Formulierungen schlechte Noten, sollte der Arbeitnehmer Nachbesserungen fordern. «Mit einem schlechten Arbeitszeugnis hat man wesentlich schlechtere Karten als mit einem schlechten Abschlusszeugnis», warnt Elligsen.