1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Neubeginn in Walbeck: Neubeginn in Walbeck: Junge Frau baut Pension

Neubeginn in Walbeck Neubeginn in Walbeck: Junge Frau baut Pension

Von Roman Haeusgen 06.04.2001, 15:32

Walbeck/MZ. - "Wubs, da hatte ich es." Als wäre es gestern gewesen, die junge Frau hat den Augenblick noch lebendig in Erinnerung, als sie plötzlich zur Grundbesitzerin avancierte. Und das eigene Erstaunen darüber ist Andrea Potrick noch heute anzumerken. Denn ruck-zuck sei es damals bei jener Auktion in Berlin gegangen. Als das Walbecker Bauerngehöft aufgerufen wurde, habe es gerade einen Mitbieter gegeben, der aber schnell kapitulierte. "Dann hieß es schon, der Zuschlag erfolgt für die junge Frau mit der Zeitung. Das war ich", so die 22-Jährige. Die Versteigerung fand im November 1999 statt, seit einigen Monaten ist nun zu beobachten, wie das seit 1995 kaum noch genutzte Gut zu neuem Leben erwacht. Eine Pension, bestehend aus drei Ferienwohnungen und weiteren Gästezimmern, ist das Ziel der Jungunternehmerin, die aus Berlin-Steglitz stammt und bald nach der Wende nach Quedlinburg zog. Den Grund für den Ortswechsel bestimmte die Liebe. "Dort habe ich meinen Freund kennen gelernt", berichtet sie. Ein Haus wurde in der Fachwerkstadt erstanden, dass dann aber aufgegeben werden musste für die Anschaffung in Walbeck. Denn keineswegs sei es so, dass Frau Potrick eventuell mit einem großen Vermögen gesegnet sei, dass ihr helfe, ihre in der Tat nicht gerade kleinen Träume zu verwirklichen. "Das Gut habe ich für 26 000 Mark ersteigert. Dazu habe ich mich mit einem Kredit für 20 Jahre verschuldet", gibt die Neu-Walbeckerin freimütig Auskunft über ihre finanzielle Situation. Und auch den Einsatz von "richtigen Baubetrieben" könne sie sich kaum leisten. Es seien vor allem Freunde und Bekannte, die ihr bei der Sanierung, beim Umbau und den Ausbauarbeiten helfen. Eben deshalb auch die Verzögerung, denn ihre Herberge für rund 20 Gäste sollte eigentlich schon im Dezember vergangenen Jahres fertig werden. Doch außer dem Haupthaus stellen sich noch fast alle Gebäudetrakte des weitläufigen Areals, das bis 1945 einer Bauernfamilie gehörte und danach von der so genannten Maschinen- und Traktorenstation (MTS) und später von einem landwirtschaftlichen Beratungs-Zentrum in Besitz genommen wurde, als Baustelle dar. Das heißt, für die große Scheune gegenüber dem Haupthaus, das von der Wende an fünf Jahre lang die Gemeindeverwaltung beherbergte, sind vorerst keine Veränderungen vorsehen. Dort haben übrigens Rasputin, Tommy und Bouget ihre Boxen - drei Wallache, die Reitpferde der kleinen Familie Frau Potricks, zu der auch der zweijährige Lukas gehört. Ihre Wohnung hat die junge Frau unterm Dach des weitestgehend sanierten Vorderhauses. Die Kombination von schweren Schnitzmöbeln, naturbelassenen Holzbalken und großen Bildern auf dem kräftigen Orange der Wände kennzeichnet den Geschmack der jungen Bewohnerin, die sich ihrer Eigenwilligkeit durchaus bewusst ist - eine Eigenschaft, die ihr wohl auch schon Irritation oder Unverständnis im Ort beschert habe, wie sie anklingen lässt. Denn es habe Walbecker gegeben, die in den unternehmerischen Aktivitäten der jungen Frau ein Vorhaben außerhalb des streng Serösen vermutet haben. Das bedauere sie sehr, betont Frau Potrick. Denn: "Ich möchte im Ort dazu gehören." Nicht zuletzt deshalb habe sie dem Fußballverein eine Spende zukommen lassen. Ein Stein im Brett hat die Jungunternehmerin aber offensichtlich bei der Bürgermeisterin. "Ich bin froh, dass das alte Gehöft wieder einen Eigentümer hat", sagt Petra Wernicke. "Die Sanierung und Modernisierung des Gebäudetraktes trägt zur Verschönerung des Ortsbildes von Walbeck bei." Frau Potrick hofft nun, im Mai ihren Beherbergungsbetrieb, zu dem übrigens auch eine scheunengroße Bildergalerie gehört, eröffnen zu können. Ihr Haupthoffnung aber ist auf eine touristische Entwicklung der Region gerichtet. "Damit auch genug Gäste kommen.