Nationalmannschaft Nationalmannschaft: Völler weist «Rebell» Lehmann zurecht

München/dpa. - Rudi Völler stellte sich demonstrativ hinter Oliver Kahn, dafür erhielt Jens Lehmann trotz seiner Entschuldigung im Torwart-Streit eine eindringliche Warnung vom DFB-Teamchef. Doch ausgerechnet vor dem Fußball-Highlight gegen Real Madrid hat Kahn mit ganz anderen Länderspiel-Folgen zu kämpfen. Der Nationaltorhüter hat durch seinen Ehrgeiz die Ziele des FC Bayern München gefährdet.
Während Kahn am Samstag wegen Rückenbeschwerden beim 1:0 gegen den Hamburger SV ausfiel und am Sonntag nur eingeschränkt trainierte, wurde Rivale Lehmann vom Teamchef öffentlich zurecht gewiesen. Völler machte im ZDF-Interview deutlich, dass er den Verbleib des Kahn- Vertreters im Europameisterschafts-Kader mit Bedingungen verknüpft. «Das hängt natürlich ein bisschen von Jens ab», sagte Völler. Lehmanns Nationalmannschafts-Zukunft hängt davon ab, wie das geplante Gespräch in London ausfalle und wie sich Lehmann danach verhalte.
Gleichzeitig unterstrich Völler nach dem Wirbel um den Verbal- Angriff Lehmanns auf Kahn die Hierarchie. «Einen Torwart wie Oliver Kahn in die Diskussion zu bringen, ist Blödsinn.» Man könne froh sein, dass Deutschland den besten Torhüter der Welt habe.
Die Bayern wären auch froh, wenn der unter einer Rückenblockade leidende Kapitän am Dienstag wieder dabei wäre, obwohl er gegen den HSV gut vom erst 19-jährigen Michael Rensing vertreten wurde. Am Sonntag gab es vom Vereinsarzt allerdings «grünes Licht» für einen Einsatz gegen Real. «Die Prognose für Dienstag ist gut», sagte Wolfgang Peter. Auch Ottmar Hitzfeld plant fest mit seiner Nummer 1. «Riskant ist es nicht, wenn er spielt. Die Frage ist, ob er Schmerzen hat», sagte der Bayern-Trainer am Sonntag.
Während Lehmann am Samstag beim Londoner Spitzen-Derby zwischen Arsenal und dem FC Chelsea (2:1) dem Druck stand hielt, musste Kahn tatenlos zuschauen. Der 34-Jährige weiß, wie sehr er gegen Real im Blickpunkt steht und was er riskieren würde, sollte er nicht ganz auf der Höhe sein. «Bei dem Brennglas, das über mich drüber gehalten wird, muss ich immer 10 000 Prozent fit sein», sagte Kahn. Er spricht aus schlechter Erfahrung, denn im WM-Finale vor zwei Jahren beim 0:2 gegen Brasilien hatte er nach einer im Spielverlauf erlittenen Fingerverletzung die zwei entscheidende Tore von Ronaldo kassiert.
Nach turbulenten Tagen, als Kahn im Länderspiel gegen Kroatien trotz gesundheitlicher Probleme bis zum Ende spielte und später von seinem Stellvertreter attackiert wurde, hat Lehmann etwas eingelenkt. Der Arsenal-Keeper entschuldigte sich im «Bild»-Interview für seine Aussage über Kahns Privatleben. «Ich muss zugeben, dass man hinein interpretieren kann, ich wolle mich moralisch über Kahn erheben. Insofern war es sicherlich leichtfertig. Dafür muss ich mich entschuldigen», meinte er. Er habe sich absolut nicht in Kahns Privatleben einmischen wollen, sagte Lehmann. Sportlich jedoch findet er es «nach wie vor gerechtfertigt», dass er Ansprüche gestellt habe.
Mit Unverständnis reagierte Lehmann auf Franz Beckenbauers Forderung nach Konsequenzen. «Ich weiß nicht, warum Franz Beckenbauer mich aus der Mannschaft haben will. Ich habe nichts Schlimmes gesagt, habe niemanden beleidigt», sagte er dem englischen «Guardian». Kahn wollte sich am Wochenende zum Konflikt mit Lehmann nicht mehr äußern.
Kahn ist überzeugt davon, mit dem Verzicht auf eine Auswechslung im Länderspiel richtig gehandelt zu haben. «Wenn keiner mir den Kopf runtergeschlagen hat, warum soll ich dann vom Platz gehen», fragte er. Hitzfeld sah das anders: «In einem Freundschaftsspiel muss man nicht auf die Zähne beißen.»