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Nationalmannschaft Nationalmannschaft: Klinsmann trennt sich von Maier

Von Klaus Bergmann und Jens Mende 09.10.2004, 16:25
Fußball Länderspiel Iran - Deutschland, Samstag (09.10.2004) im Azadi-Stadion in Teheran: Jalal Kameli Mofrad (l) im Zweikampf mit Thomas Brdaric (r), daneben Miroslav Klose, im Hintergrund Bernd Schneider. (Foto: dpa)
Fußball Länderspiel Iran - Deutschland, Samstag (09.10.2004) im Azadi-Stadion in Teheran: Jalal Kameli Mofrad (l) im Zweikampf mit Thomas Brdaric (r), daneben Miroslav Klose, im Hintergrund Bernd Schneider. (Foto: dpa) dpa

Teheran/München/dpa. - Übernächtigt und hundemüde kehrten diedeutschen Sieger vom unvergesslichen Iran-Gastspiel zurück, das fürSepp Maier die letzte Dienstreise als Bundestorwart-Trainer war. Alsgroßer Gewinner des 2:0-Sieges von Teheran konnte dagegen am SonntagJens Lehmann den strapaziösen Trip verbuchen, zumal noch vor seinerabendlichen Weiterreise nach London die Absetzung des einflussreichenKahn-Lobbyisten offiziell vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) verkündetwurde. «Wir haben von Sepp gefordert, dass er eine gewisseNeutralität hat. Das kann er allein aus menschlicher Sicht überhauptnicht», begründete Team-Manager Oliver Bierhoff die Trennung.

Bereits vor der Abreise aus Teheran zogen Bundestrainer JürgenKlinsmann, Team-Manager Oliver Bierhoff, Assistenztrainer Joachim Löwund Maier am Flughafen Mehrabad hinter verschlossenen Türen nachexakt 17 Jahren einen Schlussstrich: «Wir haben ihm klar gemacht,dass es so nicht weiter geht», sagte Bierhoff am Sonntag.

Klinsmann setzte seine Erneuerungswelle damit ohne Rücksicht auchauf große Namen fort; immerhin gilt Maier seit dem WM-Titel 1974 alsOriginal und eine Institution im deutschen Fußball. «Der Schritt istmir nicht leicht gefallen», übermittelte Maier, der als Torwart-Coach Anteil am WM-Triumph 1990 und dem EM-Titelgewinn 1996 hatte.«Durch meine tägliche Arbeit mit Oliver Kahn bei den Bayern ist esjedoch sinnvoll, wenn in Zukunft ein anderer Torwart-Trainer dieArbeit in der Nationalmannschaft übernimmt.»

Als Nachfolger steht Klinsmanns «Wunschkandidat» Andreas Köpkebereit. Der Europameister von 1996 will mit dem Bundestrainer und demDFB in den Verhandlungen «bis Mitte der Woche Klarheit» erzielen. «Essteht noch nicht hundertprozentig fest», sagte der 42-Jährige amSonntagabend in der ARD-Sportschau zwar, aber es gibt bereits klaregegenseitige Vorstellungen: «Es wird wesentlich komplexer werden, alses Sepp Maier gemacht hat», sagte Köpke. U 21 und Team 2006 sollen inseinen Aufgabenbereich eingebunden werden. Mit Oliver Kahn, der langehinter ihm zweiter Torwart war, erwartet er keine Probleme: «Wirhaben ein absolut reines Verhältnis.» Erfahrung als Torwart- Trainerhat Köpke nicht, doch Bierhoff glaubt, «dass er sehr gut in unserTeam passt. Er ist ein sehr positiver Typ».

Mit Klinsmanns kompromisslosem Vorgehen im «Fall Maier» ist derschier unendliche Torhüterstreit allerdings nicht ausgeräumt. DerBundestrainer will aber nur einen fairen Konkurrenzkampf dulden: «Esmuss so sein, dass er von Respekt und Achtung geprägt ist», forderteder 40-Jährige. Aktuell ist das nicht der Fall, wie Franz Beckenbaueranmerkte: «Diese Auseinandersetzung kann so nicht weiter gehen. DasProblem ist nicht der Torwart-Trainer, sondern das sind die beidenSpieler.» Allerdings machte der Bayern-Präsident dafür in ersterLinie Lehmann verantwortlich: «Man muss sagen, dass die meistenAttacken von ihm ausgehen», meinte Beckenbauer.

Lehmann ließ in seinem 20. Länderspiel vor 110 000 Fans alleinTaten für sich sprechen, und bekam für seine starke Leistung einSonderlob des Bundestrainers: «Jens hat ein hervorragendes Spielgemacht. Dazu habe ich ihn beglückwünscht.» DFB-Präsident GerhardMayer-Vorfelder sieht den 34-Jährigen nun auf Augenhöhe mit Kahn, dernach dem Verlust der Kapitänsbinde auch seinen engsten Vertrauten inder Nationalmannschaft nicht mehr an seiner Seite hat. «Jens hat nunauch keine Begründung mehr, irgendeinen Kommentar abzugeben», sagteBierhoff, der Kahn professionelles Verhalten bestätigte.

Klinsmann will vor dem nächsten Länderspiel am 17. November inLeipzig gegen Kamerun beiden Torhütern klar machen, dass sie sich anRegeln halten müssen. «Grob gesagt, sie sollen die Schnauze haltenund sich auf die spielerische Leistung konzentrieren», erläuterteBierhoff. Geduldet werden Verstöße gegen den Kodex nicht: «Wir werdenganz klarstellen, dass sich beide auf das Sportliche zu konzentierenhaben und dass es sofort bestraft wird, wenn es nicht gemacht wird.»

Lehmann verblüffte in Teheran mit der Behauptung, dass er vonMaiers jüngster Verbal-Attacke gegen ihn («Lehmann kann sichaufhängen - Kahn ist der Bessere») gar nichts mitbekommen habe. DieTorhüter-Problematik spielte er öffentlich herunter: «Wir reden überSachen, die mich langweilen.» Der Kahn-Rivale präsentierte sichlieber als Teil der Mannschaft, deren Nummer 1 er 2006 bei der WMsein will. «Wir haben gewonnen, das ist wichtig für die Mannschaftund für mich», kommentierte er.

Dabei war der zweite Sieg im dritten Länderspiel unter Klinsmannnach den Tor-Premieren von Fabian Ernst (5.) und Thomas Brdaric (53.)kein spielerischer Fortschritt, aber ein wichtiger Erfahrungsprozessvor der sechstgrößten Kulisse bei einem DFB-Länderspiel. «Dasverdient allerhöchsten Respekt, vor über 100 000 Zuschauern 2:0 zugewinnen. Für die persönliche Entwicklung war diese Reise eminentwichtig. Solche Ereignisse prägen die Mannschaft», meinte Klinsmann,der nach der Trennung von Maier wieder in die USA heimreiste. Nichtnur für die Youngster Thomas Hitzlsperger (22) und Per Mertesacker(20) als Länderspiel-Neulinge vier und fünf unter Klinsmann wird dasErlebnis Iran unvergesslich bleiben. «Ich glaube nicht, dass einer soetwas schon erlebt hat, auch nicht die Älteren», sagte Hitzlsperger.

Fußball-Länderspiel Iran - Deutschland am Samstag (09.10.2004) in der iranischen Hauptstadt Teheran im Azadi-Stadion. Der Deutsche Fabian Ernst (l) umarmt nach seinem 0:1-Führungstreffer den Teamkollegen Bernd Schneider. (Foto: dpa)
Fußball-Länderspiel Iran - Deutschland am Samstag (09.10.2004) in der iranischen Hauptstadt Teheran im Azadi-Stadion. Der Deutsche Fabian Ernst (l) umarmt nach seinem 0:1-Führungstreffer den Teamkollegen Bernd Schneider. (Foto: dpa)
dpa