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Letzte Ruhe für Kardinal Lehmann: Riesige Anteilnahme

21.03.2018, 17:44
Der Leichnam des verstorbenen Mainzer Kardinals Karl Lehmann aufgebahrt. Foto: Boris Roessler/Archiv
Der Leichnam des verstorbenen Mainzer Kardinals Karl Lehmann aufgebahrt. Foto: Boris Roessler/Archiv dpa

Mainz - Rund 8000 Menschen haben mit einem stillen Trauerzug und einem feierlichen Gottesdienst Abschied von Kardinal Karl Lehmann genommen. Allein zur Totenmesse im Mainzer Dom kamen laut Polizei 1800 Gäste, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Im Requiem wurde der frühere Mainzer Bischof als Brückenbauer und Menschenfreund geehrt. Bei einem Trauerzug erwiesen Tausende dem Kardinal vorher schweigend die letzte Ehre. Der langjährige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz war am 11. März im Alter von 81 Jahren gestorben, nachdem er im vergangenen Jahr einen Schlaganfall erlitten hatte.

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf nannte die Offenheit, das Brückenbauen und die Liebe als Vermächtnis seines Vorgängers. „Ein Leben lang wollte er Brücken bauen zwischen Vernunft und Glaube”, sagte Kohlgraf in seiner Predigt im Dom. Weil sich Lehmann ohne Scheuklappen dem Leben gestellt habe, habe er auch Kritik einstecken müssen. Kohlgraf erwähnte die Schwangerenkonfliktberatung und die Zulassung von Geschiedenen zum Abendmahl. „Kardinal Lehmann wollte nicht, dass die Brücken zwischen Kirche und Welt eingerissen werden”, sagte er. „Die Kirche muss sich auf die Menschen zubewegen.”

Der Kardinal hatte sich unter anderem für die Versöhnung der christlichen Konfessionen, für die kirchliche Schwangerenberatung und für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt. Er war weit über die Grenzen Deutschlands anerkannt. Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, verlas ein Schreiben von Papst Franziskus, in dem dieser den Kardinal dafür lobt, dass er offen für Herausforderungen der Zeit gewesen sei und Orientierung gegeben habe.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, lobte Kardinal Lehmanns Einsatz für die Menschen, die Kirche und das Evangelium. „Er war ein großer Menschenfreund”, sagte der Erzbischof von München und Freising. „Die Kirche wird dann nur ihre Botschaft sagen können, - auch wenn diese Botschaft einmal anspruchsvoll und sperrig ist - , wenn sie deutlich machen kann: Wir sind in tiefer Liebe mit den Menschen verbunden.” Die Deutsche Bischofskonferenz, in der Karl Lehmann Höhen und Tiefen erlebt habe, sei ihm zu Dank verpflichtet.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte den Einsatz des verstorbenen Kardinals für die Ökumene. „Sein Herz war einfach zu weit, um in irgendwelche konfessionellen Korsette zu passen”, sagte er. Auch in ökumenisch angespannten Zeiten habe er sich nie beirren lassen und sei ein verlässlicher Ansprechpartner gewesen.

Auch die Politik war im Trauergottesdienst prominent vertreten: Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) als Vertreterin der Bundesregierung sowie die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg, Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne), gehörten zu den Teilnehmern. Bis zu 1500 Menschen verfolgten den Gottesdienst laut Polizei per Liveübertragung auf dem Liebfrauenplatz.

Im Anschluss an die Totenmesse wurde Kardinal Lehmann in der Bischofsgruft des Doms beigesetzt. Kohlgraf hatte den Sarg des Geistlichen mit Weihwasser besprengt, ehe dieser in einer Prozession durch die Kirche und dann zur Gruft getragen wurde.

Vor dem Gottesdienst hatten rund 350 Trauergäste bei einer Prozession den Sarg in einem Wagen mit Glasfenstern von der Augustinerkirche zum Dom geleitet. Dabei säumten Tausende den Straßenrand. Nur die größte Glocke des Doms läutete. Das Bistum Mainz umfasst Teile von Rheinland-Pfalz, Hessen und die Exklave Bad Wimpfen in Baden-Württemberg.

Aus Sicht der Polizei verliefen die Trauerfeierlichkeiten nahezu störungsfrei. Wegen der An- und Abreise des Bundespräsidenten und weiterer prominenter Politiker habe es kurze Einschränkungen im Straßenverkehr gegeben. „Vor dem Trauerzug fiel ein 54-jähriger Mann im Bereich der Seminarkirche auf, der im Bundesgebiet bereits mehrfach als Störer ähnlicher Veranstaltungen aufgefallen war”, berichteten die Beamten. „Da er konstant die Abläufe störte, wurde er für die Dauer der Trauerfeierlichkeiten in Gewahrsam genommen.” (dpa)