Kofferraum-Leiche Kofferraum-Leiche: Blutiger Schnee in der Firmen-Toilette
Harzgerode/MZ. - Andrea Maurer hat viel gegrübelt. Immer wieder hat sie sich Fragen gestellt, mit ihren Verwandten telefoniert und die Fakten ein ums andere Mal zusammengefügt. Am Ende aber hat sie sich doch nicht erklären können, was in den letzten Wochen geschehen ist. "Mein Bruder muss mächtige Feinde gehabt haben" - zumindest das steht für Andrea Maurer fest.
Aber wer das sein soll, und warum das so ist? Die Schwester von Hartmut Felix Bürger weiß es nicht. Und ihr Bruder, der am Mittwoch im Kofferraum seines Audi A6 gefunden worden war, ist tot. Gestorben unter stumpfer Gewalteinwirkung, wie die Staatsanwaltschaft Leipzig gestern nach der Obduktion mitteilte.
Dass Bürger überhaupt gefunden wurde, ist reiner Zufall. Ein Mann aus Harzgerode hatte den auffällig geparkten Wagen auf dem Parkplatz am Flughafen Leipzig-Halle bemerkt, war stutzig geworden und hat die Ehefrau des Vermissten in Harzgerode angerufen. Für Andrea Maurer ein weiteres Indiz: "Die Polizei hat in den ersten Tagen völlig unzureichend gearbeitet."
Die Frau erzählt die Geschichte, wie sie die Geschwister des ermordeten Geschäftsmannes erlebt haben. Der 50-jährige Hartmut Felix Bürger ist am Freitag, dem 30. März, wie immer in seiner Firma, der Holzbau GmbH. Der Kampf um geschäftlichen Erfolg bestimmt sein Leben. "Er wollte sich beweisen, er brauchte das Prestige", sagt Zwillingsbruder Ottokar Bürger. So wundert sich zunächst niemand, als der Unternehmer abends nicht nach Hause in das neue Doppelhaus kommt.
Seine Frau fährt also noch einmal zur Firma. Dort ist von außen nichts Auffälliges zu sehen. Als ihr Mann auch am nächsten Morgen nicht erscheint, fährt sie noch einmal ins Firmenbüro. Dort findet sie auf dem Parkplatz, aber auch im Haus große Mengen Blut. Vor allem in der Toilette sind Berge von Schnee und Eisklumpen, die blutgetränkt sind.
"Wir glauben, dass es mit unserem Bruder vor dem Haus eine Auseinandersetzung gegeben hat und dass die Täter den blutigen Schnee mit Hilfe von Plastikeimern in der Toilette entsorgen wollten", vermutet Andrea Maurer. Dass die Reste am Tag darauf noch zu sehen sind, könnte an der niedrigen Temperatur in dem ungeheizten Haus liegen.
Um so mehr sind die Geschwister überrascht, als die benachrichtigte Polizei an diesem Tag überhaupt keine Spuren sichert. "Erst nach unseren massiven Beschwerden kamen Tage später Beamte der Spurensicherung", erinnert sich Ottokar Bürger. Er schreibt eine Dienstaufsichtsbeschwerde. "Da haben wir bis heute noch keine Antwort erhalten."
Erst nach einer Anfrage der MZ hat der Halberstädter Polizeipräsident Andreas Schomaker die Beschwerde gestern auf den Tisch bekommen. Der Sprecher der Polizeidirektion Halberstadt, Peter Pogunke, will die Vorwürfe so aber nicht stehen lassen. "Richtig ist, dass am ersten Tag durch die Schutzpolizei keine Spuren gesichert worden sind."
Erst am 1. April seien 16 Spuren und drei Tage später noch einmal 14 Vergleichsspuren, zum Beispiel von Kamm und Bürste, gesichert worden. Am 6. April ist laut Pogunke schließlich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet worden, die am 11. April einen Beschluss beim Amtsgericht auf DNA-Vergleich gestellt hat. Dieser sei am 25. April ergangen und dem Landeskriminalamt zugestellt worden.
Von dort lägen aber noch keine Ergebnisse vor. "Für eine Vermisstensache", versichert Pogunke, "haben wir viel gemacht." Wie alle in der Familie beschäftigt auch Ottokar Bürger die Frage nach dem Motiv für den Mord an seinem Zwillingsbruder. Die Ehe seines Bruders, sagt er, sei völlig in Ordnung gewesen. Bürger tippt vielmehr auf die Schulden, vor allem auf die großen Summen, die sein Bruder nach dem Konkurs seiner Halberstädter Firma Rena-Bau GmbH noch zu zahlen hatte. "Das", mutmaßt er, "könnte der Schlüssel bei den Ermittlungen sein."