Kirkeby-Retrospektive im museum kunst palast
Düsseldorf/dpa. - Düsseldorf Maler, Bildhauer, Filmemacher, Architekt, Literat und Geologe: Der Däne Per Kirkeby (71) ist nicht nur einer der bedeutendsten europäischen zeitgenössischen Künstler, er ist auch einer der vielseitigsten.
Das Düsseldorfer museum kunst palast widmet Kirkeby jetzt eine umfangreiche Retrospektive, die alle Facetten des Universalkünstlers beleuchtet.
Vom 26. September bis zum 10. Januar präsentiert das Museum in Zusammenarbeit mit der Londoner Tate Modern mehr als 250 Arbeiten Kirkebys - von den in ihrer Farbkraft und -komposition überwältigenden großformatigen abstrakten Gemälden über Bronzeskulpturen bis zu etwa 100 Büchern mit Lyrik oder Essays über die Kunst, deren Einbände Kirkeby selbst gestaltete.
Darüber hinaus ziehen die Ausstellungsmacher eine bemerkenswerte Parallele: Gleichzeitig zur Kirkeby-Schau zeigt das Museum eine Ausstellung mit Bildern des Schweizer Vorromantik-Malers Caspar Wolf (1735-1783). Der promovierte Geologe Kirkeby bezeichnete Wolf einmal als «einen meiner alten Favoriten». Beide Künstler verbindet über die Jahrhunderte hinweg der Hang zur Geologie. Wolf gilt als Entdecker der Alpen in der Schweizer Malerei und hat Naturwissenschaftler auf Gebirgsexpeditionen begleitet. Zentrales Motiv bei beiden Malern ist die Höhle.
Der Blick auf die Natur, ihre Phänomene und Erdschichten prägen das malerische Werk Kirkebys. Er übersetzt die Kraft der Natur in abstrakte Gemälde. Seine Bilder erschließen sich nicht über Titel, die entweder fehlen oder wenig zum Verständnis beitragen, sondern sie ziehen den Betrachter förmlich in einen Sog. Schicht auf Schicht malt Kirkeby seine Werke, er übermalt immer wieder, und das Alte scheint nur schemenhaft durch. Nur ahnen kann man Felsen, Bäume, Wasser oder Pflanzen. «Diese seltsamen, schwindelerregenden Blicke durch den Stoff hindurch», beschrieb er seinen Ansatz.
Auf Kirkebys mit kräftigen Pinselstrichen oft in warmen Erdfarben gemalten Kompositionen erkennt man erst bei genauem Hinsehen Figuren. Der Blick des Geologen auf die Natur erscheint besonders prägnant im Bild «Weltuntergang» (2001/02), das von einem Flussgrund über die Wasserströmung und Uferböschung bis hin zu einem Wald und Gebirge vertikal Schichten der Natur abzubilden scheint - vielleicht sind es aber auch nur Erdschichten.
Die Schau im museum kunst palast präsentiert wichtige Werke Kirkebys seit den 60er Jahren, in denen Kirkeby von der Pop Art inspiriert war, aber dennoch Distanz hielt. Kirkeby experimentierte damals auf quadratischen Masonitplatten mit Versatzstücken wie Schauspielerfotos oder texanischen Western-Landschaften. Eine Auswahl dieser radikalen Frühwerke, die außerhalb Dänemarks bisher kaum gezeigt wurden, ist auch in der Düsseldorfer Schau zu sehen.
Als Mitglied der künstlerischen Fluxus-Bewegung war er bekannt mit Joseph Beuys und Jörg Immendorf. Aber: «Kirkeby war kein Avantgardist», betont der Kurator der Ausstellung, Beat Wismer. Kirkeby gehe «fruchtbar und profunde mit Traditionen um». In Deutschland wird Kirkeby besonders geschätzt. Er arbeitete als Professor an der Kunstakademie Karlsruhe und der Städelschule in Frankfurt/Main. Kirkebys Skulpturen schmücken das Dach des Bundesratgebäudes in Berlin.
In der Düsseldorfer Ausstellung sind auch frühe Filme Kirkebys sowie Bronze-Skulpturen und Modelle seiner Architektur zu sehen. Wer die prägnanten Backsteinbauten in natura besichtigen will, kann dies bei einem Abstecher zur Insel Hombroich tun.