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Keime in Neumünster: Bis Freitag Wasser abkochen

04.08.2016, 11:04
Ein Glas wird mit Wasser aus der Leitung gefüllt. Foto: Roland Weihrauch/Archiv
Ein Glas wird mit Wasser aus der Leitung gefüllt. Foto: Roland Weihrauch/Archiv dpa

Neumünster - Wegen Keimbelastungen soll die Bevölkerung in Neumünster und elf angrenzenden Gemeinden mindestens noch bis Freitag Trinkwasser abkochen. „Wir bemühen uns, das Problem zeitnah zu lösen, aber die Auswertung der laufend genommenen Wasserproben dauert zwei bis drei Tage”, sagte der Sprecher der Stadtwerke Neumünster (SWN), Nikolaus Schmidt am Donnerstag. Da Keime sehr hitzeempfindlich sind, sterben sie im kochenden Wasser ab.

Am Vortag hatten die Werke mitgeteilt, bei routinemäßigen Überprüfungen des Trinkwassers sei bei einzelnen Proben eine leicht erhöhte Konzentration mit coliformen Keimen festgestellt worden.

Die SWN empfahlen nach einem entsprechenden Rat des örtlichen Gesundheitsamtes, Trinkwasser einmal sprudelnd abzukochen. Das gilt auch für Wasser zur Zubereitung von Nahrung, insbesondere für Säuglinge, Kleinkinder und Kranke, zum Abwaschen von Salaten, Gemüse und Obst sowie zum Spülen von Gefäßen und Geräten, in denen Lebensmittel zubereitet oder aufbewahrt werden, zum Zähneputzen, zur Mundpflege, für medizinische Zwecke wie das Reinigen von Wunden. Auch Wasser für Getränke-Eiswürfel sollte vorher abgekocht werden.

Wasser zum Reinigen, für Haustiere und Vieh sowie für die Toilettenspülung müssten nicht abgekocht werden. Auch fürs Duschen oder Baden könne darauf verzichtet werden, betonten die SWN.

Neben Neumünster mit seinen 77 000 Einwohnern sind auch elf ebenfalls von den SWN mit Wasser versorgten Gemeinden betroffen: Loop, Krogaspe, Timmaspe, Wasbek, Ehndorf, Padenstedt, Arpsdorf, Brokenlande, Groß Kummerfeld, Bönebüttel und Tasdorf.

Die Gesundheitsrisiken seien für gesunde Menschen gering, es könne vielleicht zu Durchfall kommen, sagte Schmidt. Dagegen könne vor allem bei immungeschwächten Menschen keimbelastetes Trinkwasser die Gesundheit beeinträchtigen. Laut Bundesumweltamt können coliforme Bakterien besonders bei der medizinischen Versorgung bei prädisponierten oder abwehrgeschwächten Patienten „eine Vielzahl von Infektionen auslösen”. Dazu gehören Wundinfektionen katheterassoziierte Infektionen oder Lungenentzündungen.

Vorsichtsmaßnahmen ergriff das örtliche Friedrich Ebert-Krankenhaus mit seinen rund 600 Patienten. Ein Krisenstab sei einberufen und das Trinkwasser abgestellt worden, sagte Prokurist Gerd Achtenberg. Außer für Körperpflege werde im Krankenhaus nur noch Wasser aus Flaschen verwendet. „Zwei Lastwagen haben uns das Wasser geliefert.” Auch rohes Obst oder Gemüse werde nicht mehr verwendet. „Wir werden auf den Mehrkosten wohl zum Großteil sitzenbleiben, aber die Sicherheit unserer Patienten hat Vorrang”.

Die Trinkwasserverordnung verbietet jede Belastung mit coliformen Keimen. In Neumünster sei in Proben eine Belastung von einem Keim in 100 Millilitern Wasser festgestellt worden, sagte Schmidt. „Das ist sehr wenig.” Zum Vergleich verwies er darauf, dass Badeverbote in Gewässern erst erteilt würden bei einer Belastung von 1800 coliformen Keimen in 100 Millilitern Wasser.

Die Ursache der Verschmutzung ist nach Angaben der SWN noch nicht geklärt. In einem Papier des Bundesumweltamtes von 2009 heißt es: „Coliforme Bakterien können Indikatoren sowohl für fäkale Verunreinigungen als auch für Verunreinigungen nichtfäkaler Herkunft sein.” Das Vorkommen coliformer Bakterien in niedriger Konzentration in Trinkwasserproben bedeute nicht unbedingt einen Eintrag von außen, „da es auch bei Fließrichtungsumkehr oder plötzlicher Erhöhung der Fließgeschwindigkeit zur Mobilisierung coliformer Bakterien aus im Netz vorhandenen Ablagerungen kommen kann”.

Als einen möglichen Keimherd haben die SWN einen Leitungsabschnitt ihrer Wasserrohre außer Betrieb genommen. Zudem seien umfangreiche Spülmaßnahmen durchgeführt und kontinuierlich Proben entnommen worden. Sie werden mit dem Fachdienst Gesundheit der Stadt bewertet. Die Spülmaßnahmen könnten vereinzelt zu rot-bräunlichen Verfärbungen des Wassers führen, was jedoch für Menschen und Tiere unbedenklich sei, erläuterte Schmidt. (dpa/lno)